6
Okt
2015

Umso mehr sich Armut und Unsicherheit ausbreiten, umso mehr neigen die Menschen zu Entsolidarisierung und Ausgrenzung

 

 

Der Ökonom als Menschenfeind?


 
[via Nachdenkseiten]
 
 
 

Über gesellschaftliche
Verrohung und die etablierte ökonomische Theorie
Ein Interview mit dem
Volkswirt und Wirtschaftsethiker Sebastian Thieme über Fragen nach der
Entsolidarisierung der Gesellschaft etwa durch die Hartz-Reformen, nach dem
Menschenbild hinter den vorherrschenden ökonomischen Lehren, nach der
Ökonomisierung der Gesellschaft und der ethischen Verantwortung von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Das Interview für die NachDenkSeiten
führte

Jens
Wernicke.


Herr Thieme,
Sie arbeiten seit Längerem über das Thema der sogenannten „
rohen
Bürgerlichkeit
“. Um was genau handelt es sich bei diesem Phänomen – und in
welchem Zusammenhang steht es mit Prekarisierung, Hartz IV etc.?

Der Bielefelder Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer hat den Begriff „rohe
Bürgerlichkeit“ verwendet, um zum Ausdruck zu bringen, dass sich unsere
Gesellschaft zunehmend entsolidarisiert. Vor allem die „Eliten“ meinen, sie
würden bereits viel zu viel für die Gesellschaft tun, der Staat behandle sie
ungerechtund dieSchwachen sollten sich gefälligst selber helfen.

Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass sich auch die unteren
Gesellschaftsgruppen untereinander mehr und mehr entsolidarisieren. Die von
Ihnen erwähnten Hartz-Reformen lassen sich dabei als Instrument einer
institutionalisierten Entsolidarisierung bezeichnen. Der Staat bzw. die
Gesellschaft konfrontieren die Bedürftigenständig mit dem Vorwurf des
Sozialmissbrauchs und stellen die Solidarität unter den umfassenden Vorbehalt
einer „Unbedenklichkeitsprüfung“. Dazu gehört die obligatorische Prüfung der
Bedürftigkeit, die von vielen Betroffenen in ihrer Praxis bereits als
entwürdigend empfunden wird. Aber auch die Vorladungen in Jobcenter, die
Residenz-, Ab- und Rückmeldepflichten sowie die sogenannten
Einstellungsvereinbarungen zählen dazu. Diese Auflagen selbst sind bereits
entsolidarisierend, d. h. die Solidarität steht unter dem Vorbehalt der
Einhaltung dieser Auflagen. In Ihnen zeigt sich das eben beschriebene Misstrauen
gegenüber den Bedürftigen. Letztlich sollen diese Maßnahmen allesamt
disziplinierend bzw. erzieherisch wirken. Das wiederum geht offenbar mit einer
Haltung einher, wonach „Bedürftige“ oft gar keine Hilfe benötigen, sich selbst
helfen könnten – ihnen damit aber ebenso oft unterstellt wird, sich lieber
helfen lassen zu wollen, weil das bequemer ist – und schlussendlich gar nicht so
viel Solidarität nötig wäre.

Aber auch der Umstand, dass derartige „Reformen“ überhaupt möglich waren,
zeugt bereits von einem Klima der Entsolidarisierung. Hinzu tritt, dass die
Notwendigkeit solcher „Reformen“ mit negativen Menschenbildern begründet wurde
und bis heute noch wird. Denken Sie nur an solche Aussprüche wie „Nur wer arbeitet, soll auch
essen
“. Oder an Ex-Kanzler Schröder, der damals im Bundestag meinte, dass
in Deutschland kein Platz für Faulheit sei
. Sein damaliger Superminister
Clemens malte dann überdeutlich das Gespenst des Sozialmissbrauchs an die Wand
und setzte dem Ganzen noch die Krone auf, indem er die Bezieher von
Sozialtransfers mit „Parasiten“ verglich. Wortwörtlich hieß es auf Seite 10 des
damaligen Reports des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit „Vorrang für
die Anständigen – Gegen Missbrauch, ‚Abzocke‘ und Selbstbedienung im
Sozialstaat“:

„Biologen verwenden für ‚Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur
Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren
Wirten – leben‘, übereinstimmend die Bezeichnung ‚Parasiten‘. Natürlich ist es
völlig unstatthaft, Begriffe aus dem Tierreich auf Menschen zu übertragen.
Schließlich ist Sozialbetrug nicht durch die Natur bestimmt, sondern vom
Willen des Einzelnen gesteuert.“

Vorrang
für die Anständigen – Gegen Missbrauch, „Abzocke“ und Selbstbedienung im
Sozialstaat [PDF - 183 KB]

Denken Sie auch an das überaus populäre Bild von Beziehern von
Sozialtransfers, die – im
Jargon von Oswald Metzger
– das Geld lieber in Alkoholika und
Kohlehydrateinvestieren würden als bspw. für die Bildung ihrer Kinder. Solche
zynischen Sprüche charakterisieren den Wirkungsbereich der „rohen
Bürgerlichkeit“.Letztlich geht es um Stigmatisierung, Abwertung und
Menschenfeindlichkeit – und zwar, zumindest in diesen Beispielen, „von oben
herab“, d. h. dass gut situierte Personen der Öffentlichkeit stigmatisierten und
abwerteten.

Die prekären Lebensbedingungen im Niedriglohnbereich und in der Zeitarbeit
spielen jedoch ebenso eine Rolle. Nur werden dort die Bedürftigen eben
gegeneinander ausgespielt. Niedriglöhner werfen dann z. B. den Beziehern des
Arbeitslosengeldes II Faulheit vor usw. usf. Innerhalb von Unternehmen wirkt
zudem zunehmend die Spaltung zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeitern: Die
„Privilegien“ der unbefristeten Normalarbeit werden dann – anstatt sich etwa für
gute und sichere Arbeitsbedingungen für alle einzusetzen – gegen die „Fremden“
verteidigt, indem diese abgewertet und ausgegrenzt werden. Die prekäre Situation
scheint die Betroffenen so sehr mit dem Rücken an die Wand zu stellen, dass sie
für die prekäre Situation der anderen schließlich immer weniger empfänglich
werden. Um sich vom Rand abzugrenzen wird nach Sündenböcken oder Gegnern
gesucht. Dort, wo Solidarität geübt werden müsste, herrschen dann eher
Misstrauen, Konkurrenz und Angst.

Einige aktuelle Forschungen lassen sogar einen allgemeinen Empathierückgang
in unserer Gesellschaft vermuten.
Diese Beobachtungen gehen dabei über das hinaus, was die soziologische Studie
„Die
Arbeitslosen von Marienthal
“ bereits in den 1930er Jahren ergab. Dass
nämlich die sozio-psychologischen Wirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit nicht –
wie vielfach angenommen – zu Revolte, sondern vielmehr zu passiver Resignation
führen.

http://www.youtube.com/watch?v=Gi99rTTdGAA&feature=player_embedded

3sat-Dokumentation: „Die Arbeitslosen von
Marienthal“

Verstehe ich das richtig: Umso mehr sich Armut und Unsicherheit
ausbreiten, umso mehr neigen die Menschen zu Entsolidarisierung und Ausgrenzung,
rationalisieren diese Haltung dann aber, um ihr eigenes Verhalten als
„anständig“ verstehen und bewerten zu können?

„Anständig“ trifft es nicht ganz. Mit „vernünftig“ oder „ökonomisch
vernünftig“ scheint mir das besser umschrieben zu sein. Und ja, eine Tendenz zur
Entsolidarisierung, Ausgrenzung und zur rational-ökonomischen Denkhaltung in den
unteren Etagen der Gesellschaft legen entsprechende Studien nahe.

Zeitgleich zu einer Bündelung des Reichtums in immer weniger privaten
Händen und einer Zunahme gesellschaftlicher Armut ist also zu konstatieren, dass
die Not der Ärmeren zunimmt, diese aber in aller Regel auf die „Erklärungsmuster
von oben“, die ihnen ihren Nächsten als Konkurrenten und Gefahr andienen, hören
und überdies aufgrund der Zunahme von Stress und Angst im eigenen Leben auch
immer weniger, lassen Sie es mich so sagen, „Ressourcen zur Empathie für andere“
aufzubringen vermögen?

So in etwa, ja. Der Stress und die Angst, die Sie ansprechen, beide sind
Elemente der Konkurrenz, der Rivalität mit den Mitmenschen. Je stärker der
Wettbewerb, desto stärker der Stress und die Ängste.

Unter diesem Wettbewerbsdruck ist für Empathie kein Platz mehr. Wir könnten
auch sagen: Unter Wettbewerbsbedingungen, in der jeder Mensch mit seinen
Mitmenschen konkurriert, wird Empathie „wertlos“ oder „sinnlos“. Ressourcen
werden dann nicht für Empathie aufgebracht, sondern dafür, in diesem Wettbewerb
zu „überleben“. Damit haben die Betroffenen ohnehin genug zu tun. Das mag im
ersten Moment etwas pathetisch klingen, aber denken Sie einfach an jene prekär
Beschäftigten, die am Rande ihrer physischen und psychischen Existenz agieren.
Außerdem steigt die allgemeine Armutsbedrohung der Menschen laut Statistischem
Bundesamt seit Jahren an: 2005 waren 12,2 Prozent der Bevölkerung von Armut
gefährdet; 2011 waren es bereits 16,1 Prozent, das
heißt jeder sechste Bürger im Land
. Den Betroffenen bleibt da sicher nicht
viel Muße, um sich um andere zu kümmern. Wer mag ihnen das in dieser Situation
vorwerfen?

Ich möchte Ihnen gleich ein paar Fragen zur ökonomischen Theorie
stellen. Lassen Sie mich aber vorher noch auf einen Sachverhalt kommen, dessen
Klärung für die Diskussion hilfreich sein kann: Sie sprechen in Ihrem Buch und
ihren Beiträgen von ökonomischen Theorien. Doch in der Debatte um die
Wirtschaftswissenschaften wird häufig von der ökonomischen Theorie gesprochen,
ganz so, als ob es nur eine Theorie gäbe. Könnten Sie das kurz
erklären?

Das liegt an der begrifflichen Unschärfe. Wenn „die“ ökonomische Theorie
kritisiert wird, dann lässt sich das in aller Regel als die Kritik an der
vorherrschenden ökonomischen Lehre bzw. am ökonomischen „Mainstream“ übersetzen.
Dies umfasst nicht eine einzige Theorie, sondern steht allgemein für Ansätze,
Ideen und wissenschaftliche Verfahren, die durch Lehrstühle vertreten und fester
Bestandteil der Lehrbücher sind, die in Fachzeitschriften diskutiert werden und
die sich auch der Förderung durch Stiftungen bzw. der Deutschen
Forschungsgesellschaft (DFG) erfreuen können. Alle ökonomische Wissenschaft
abseits dieser „vorherrschenden Lehre“ wird in der Diskussion als „heterodox“,
„post-autistisch“, „alternativ“ oder „kritisch“ bezeichnet.

Die Wirtschaftswissenschaften sind also insgesamt nicht einheitlich, sondern
werden für gewöhnlich in sogenannte „Schulen“ unterschieden, die wiederum ganz
eigene Theorien bzw. Ansätze vertreten. Beispielhaft seien Marx und Keynes
genannt, mit denen die breitere Öffentlichkeit vielleicht noch etwas anfangen
kann. Neo-Ricardianer, Evolutionsökonomen, Alt-Institutionalisten,
Wirtschaftsstilforschung usw. sind sicher viel weniger bekannt, stellen aber
ebenfalls „Schulen“ dar.

Allerdings ist auch zu beachten, dass selbst diese „Schulen“ selbst nicht
einheitlich auftreten müssen. Friedrun Quaas von der Universität Leipzig hat das
kürzlich sehr anschaulich für die „erste
Generation“ der Österreichischen Schule
gezeigt.

Trotz Ihres letzten Einwandes scheint die Unterscheidung nach
ökonomischen Schulen durchaus populär. Wie sieht es mit der „Neoklassik“ aus?
Der ökonomische Mainstream wird doch häufig als „neoklassisch“ bezeichnet, oder
nicht?

Das stimmt. Viele Kritikerinnen und Kritiker des Mainstreams behaupten, diese
vorherrschende Lehre wäre „neoklassisch“. Doch aus der ideengeschichtlichen
Perspektive ist der Begriff „Neoklassik“ für eine Strömung reserviert, die am
Ende des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts existierte.

Sicherlich hat sie die Wirtschaftswissenschaften insgesamt geprägt. Die heute
oftmals kritisierte Mathematisierung der Ökonomik wurde maßgeblich von dieser
Strömung vorangetrieben. Außerdem zählen neoklassische Modelle noch immer zum
Standard der ökonomischen Lehrbücher. Auch die Politik greift gerne auf die
Modelle zurück. Wenn es z. B. um die Ablehnung eines Mindestlohnes oder der
Erhöhung von Sozialtransfers geht, dann steht dort das neoklassische Modell des
Arbeitsmarktangebotes Pate.

Aber seit dem beginnenden 20. Jahrhundert hat sich in der Ökonomik viel
getan. Nehmen Sie z. B. die neoklassische Annahme vollständiger Informationen.
Die heutigen Ansätze gehen in aller Regel von unvollständigen und ungleich
verteilten Informationen aus. Und dort, wo einstmals vollständige Rationalität
unterstellt wurde, wird heute mit „bedingter“ Rationalität gearbeitet. Selbst
Kritikerinnen und Kritiker des ökonomischen Mainstreams kommen deshalb nicht
umhin, neben der Neoklassik noch andere Strömungen aufzuzählen, die zum
Mainstream gehören sollen, z. B. die Neue Institutionenökonomik oder die
Verhaltensökonomik. Von der vermeintlichen Dominanz der „Neoklassik“ bleibt dann
aber nicht mehr viel übrig.

Was ist dann aber der „Mainstream“ oder „vorherrschende
Lehre“?

Das ist eine gute Frage, über die meine Linzer Kollegin Katrin Hirte und ich
uns innerhalb
eines Projektes [PDF - 735 KB]
, das von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert
wird, auch den Kopf zerbrochen haben. Ich selbst tendiere dazu, unter
„Mainstream“ ein Sammelsurium von sich zum Teil sogar widersprechenden Theorien,
Ansätzen, Forschungsthemen und wissenschaftlichen Verfahren zu verstehen, die in
der universitären Lehre vertreten, bevorzugt gefördert und publiziert werden. In
der Summe geht es also nicht um „die eine“ Theorie oder „den einen“ Ansatz,
sondern um einen ganzen Strauß an Ideen, die nach außen hin auch häufig den
Anschein einer recht vielfältigen Ökonomik erwecken. Diese Scheinvielfalt zu
erörtern würde hier aber den Raum sprengen. Lassen Sie es mich so
zusammenfassen: Gemeinsam ist diesen Strömungen, dass sie deduktiv vorgehen,
sich auf mathematisch-formale Verfahren und Modellierungen konzentrieren, den
sogenannten „methodologischen Individualismus“ zugrunde legen (d. h. ökonomische
Vorgänge nur vom Handeln der Einzelnen aus betrachten bzw. auf den Einzelnen
„rückrechnen“) und einen gewissen Dogmatismus an den Tag legen.

In Ihrem soeben erschienenen Buch gehen Sie auch der Frage nach,
inwiefern die (vorherrschende) Ökonomik ganz grundlegend auf einem negativen
Menschenbild fußt und somit Gesellschaft mehr oder minder auch nur als Summe
sich bekämpfender Individuen zuerst einmal zu denken und dann aufgrund eben
dieser theoretischen Prämissen auch ebenso zu gestalten vermag. Was haben Sie
untersucht und zu welchen Schlüssen kamen Sie dabei?

Zunächst, das von Ihnen angesprochene Menschenbild ist eines der Elemente
innerhalb ökonomischer Theorien, das gegen die menschliche Integrität, Würde und
Gleichwertigkeit verstößt. In dem Zusammenhang spreche ich auch von ökonomischer
Menschenfeindlichkeit bzw. Misanthropie.

Jedenfalls lässt sich unter Wirtschaftswissenschaftlern/innen immer wieder
eine persönliche Haltung beobachten, die das von Ihnen angesprochene negative
Menschenbild durchblicken lässt. So wurden Bettler und ärmere Schichten
praktisch seit jeher als unproduktiver Ballast der Gesellschaft betrachtet
respektive konstruiert.

Die Einstellungen „älterer“ Ökonomen wie etwa Joseph Townsend oder Robert
Malthus sind dabei gar nicht weit von jenen Haltungen entfernt, mit denen sich
heutzutage Wissenschaftler wie Gunnar Heinsohn oder Thilo Sarrazin in den Medien
präsentieren.

Worauf ich deshalb mit den Beispielen in meinem Buch hinweisen wollte, war,
dass es genügend Anlass dazu gibt und es notwendig ist, der Frage nachzugehen,
inwiefern sich solche Haltungen und Stereotype auch in ökonomischen Theorien
niederschlagen. Diese Frage war im Buch zwar nicht abschließend zu klären, aber
viele Beispiele deuten darauf hin, dass die Aussagen von Ökonomen weit weniger
„wertfrei“ oder „neutral“ sind, als sie das von ihrer Wissenschaft in der Regel
behaupten. Aber wie gesagt, das muss noch eingehender untersucht werden.

Das negative Menschenbild ist nur ein Aspekt von dem, was Sie in
Ihrem Buch als ökonomische Menschenfeindlichkeit bzw. Misanthropie bezeichnen.
Welche anderen Elemente stellen – wie Sie schreiben – die Würde, Integrität und
Gleichwertigkeit von Menschen infrage?

Nehmen Sie z. B. die Idee des Wettbewerbs. Dieser produziert immer Gewinner
und Verlierer. Dadurch entstehen aber immer auch Ungleichheiten, die auch noch
bewertet werden. Anders formuliert: Wettbewerb produziert Ungleichwertigkeiten.
Denn die „Sieger“ oder „Gewinner“ sind „mehr wert“, „erfolgreicher“,
„produktiver“ usw. als jene, die den Wettbewerb verloren haben. Über diese
Ungleichwertigkeiten wird in der Ökonomik aber kaum nachgedacht. Dabei zielt das
auf ganz zentrale wirtschaftsethische Fragen ab: Wie viel Wettbewerb wollen wir
uns zumuten? Wo wollen wir Wettbewerb zulassen? Wo ist er unzumutbar?

Ein anderes Beispiel ist die Prinzipal-Agenten-Theorie, die ungleich
verteilte Informationen unterstellt und davon ausgeht, dass Menschen ständig
ihre Mitmenschen übers Ohr hauen. Damit zwingt diese Theorie den menschlichen
Beziehungen ein „rationales“ Misstrauen auf. Das finden Sie dann z. B. im
Hartz-IV-Regime umgesetzt, wo faktisch ein chronisches Misstrauen gegenüber den
Bedürftigen besteht. Am Beispiel Hartz-IV zeigt sich vor allem, wie durch dieses
institutionalisierte Misstrauen die Menschenwürde und Integrität der Betroffenen
(ihre Selbstbestimmung) immer wieder in Zweifel gezogen wird.

Fragwürdig ist ebenso das Modell des neoklassischen Arbeitsmarktangebotes,
das den Erwerbslosen unterstellt, freiwillig in die Erwerbslosigkeit zu gehen
und es sich in der sozialen Hängematte bequem zu machen. Die „Wirtschaftsweisen“
verwendeten noch 2010 dieses einfachste Modell, um gegen eine Erhöhung der
Hartz-IV-Regelsätze zu argumentieren. Zu bedenken ist dabei, dass diese
Regelsätze das soziokulturelle Existenzminimum abdecken sollen und eine Erhöhung
praktisch diesem Ziel dienen soll – eine Erhöhung der Regelsätze dient dazu, die
Sozialtransfers an höhere Preise usw. (z. B. durch Inflation) anzupassen und
dadurch das soziokulturelle Existenzminimum an die Entwicklung anzupassen. Bei
den erwähnten Vorschlägen der „Wirtschaftsweisen“ ging es aber vor allem um die
ökonomische Anreizwirkung der Regelsätze. Die Regelsatzhöhe wurde unter den
Blickwinkel der ökonomischen Anreizwirkung gestellt und diente offenbar nicht
mehr der Gewährleistung des Existenzminimums, also der Achtung der
Menschenwürde.

Es lassen sich also eine Reihe von Hinweisen zusammentragen, die belegen,
dass die derzeit vorherrschende Ökonomik auf recht grundlegende Art und Weise
menschenfeindliche Züge trägt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die in der
Ökonomik verwendeten abstrakten mathematischen Gleichungen, die Graphen oder die
Spieltheorie auch noch dafür sorgen können, dass derlei negative Effekte aus dem
Blick geraten können.

http://www.youtube.com/watch?v=ly905DIisc8&feature=player_embedded

Prof. Wilhelm Heitmeyer zum Thema
“Gruppenbezogende Menschenfeindlichkeit”.

In Ihrem Buch widmen Sie aber auch ein Kapitel dem Thema „Ökonomik
und Ethik“, wo Sie deutlich aufzeigen, dass beides – Ökonomik und Ethik – kein
Widerspruch sein muss und in der Ökonomik auch Ansätze existieren, wie sich
diese Elemente der Menschenfeindlichkeit auffangen oder eingrenzen ließen.
Können Sie kurz erläutern, an welche Sie da im Speziellen denken?

In erster Linie an Adam Smith, der in seiner „Theory of Moral Sentiments“ das
Gefühl der „Sympathie“ beschrieb, also mit dem Mitmenschen „mitfühlen“ zu
können. Das ist in etwa auch das, was die breitere Öffentlichkeit vom
Kategorischen Imperativ Immanuel Kants her kennt: „Handle nur nach derjenigen
Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz
werde.“

Stellen Sie sich also mal vor, wie Empfehlungen von Ökonomen zum Sozialstaat
oder zum Arbeitsmarkt ausfallen würden, wenn sie sich in redlicher Weise
tatsächlich darum bemühen, nur Empfehlungen zu geben, die sie auch gegen sich
selbst gelten lassen würden.

Ähnliche Aspekte finden sich bei Johann Heinrich von Thünens Lohnfrage am
Rande seines „isolierten Staates“ von 1850. Dort standen sich Arbeitgeber und
Arbeitnehmer auf Augenhöhe gegenüber und verhandelten den Arbeitslohn mit Blick
auf die Bedürfnisse der Arbeitskräfte und in freier Selbstbestimmung.

Einen neueren Ansatz bietet die Integrative Wirtschaftsethik nach Peter
Ulrich. Auch dort wird gefordert, anderen nur solche Regeln, Gesetze etc. zu
empfehlen, die jemand auch bezogen auf sich selbst als zumutbar empfindet. Zu
beachten ist außerdem, dass das eigene Handeln bzw. das empfohlene Handeln von
Dritten als unzumutbar empfunden werden kann. Letztlich wird auch ein zumutbares
Maß an Mitverantwortung für Effekte gefordert, die nicht beabsichtigt waren,
aber andere beeinträchtigen – das spielt vor allem mit Blick auf Dinge wie
Umweltverschmutzung eine wichtige Rolle. Auch mit diesem Ansatz ließe es sich
vermeiden, dass die Gleichwertigkeit, Integrität und Würde der Mitmenschen
verletzt wird.

Lässt sich vor diesem Hintergrund nicht auch eine ethische
Verantwortung seitens der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
einfordern?

Richtig, genau das ist der Punkt. Die etablierten Ökonominnen und Ökonomen
von heute müssen sich deshalb den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die
wirtschaftsethischen Aspekte von Theorien häufig gar nicht erst
thematisieren.

Ich spreche diesbezüglich bewusst von den etablierten Vertreterinnen und
Vertretern unserer Zunft, da ich diesen Vorwurf nicht so einfach an die
Studierenden weiterreichen möchte. Denn woher sollen diese die
wirtschaftsethischen Überlegungen von Adam Smith usw. oder gar die Integrative
Wirtschaftsethik kennen, wenn so etwas nicht gelehrt wird? Woher soll die
Sensibilität für wirtschaftsethische Fragen kommen, wenn die Lehrer selbst
keinerlei derartige Sensibilität an den Tag legen oder – im Gegenteil – sich
gegen ethischen Fragen dadurch immunisieren, dass sie angeblich eine „wertfreie“
Wirtschaftswissenschaft vermitteln?

Das klingt ähnlich dem, was der amerikanische Ökonomen Philip
Mirowski am Anfang dieses Jahres mit
Blick auf die ökonomische Theoriegeschichte
äußerte
: Die ökonomische Ideengeschichte wäre praktisch aus den
Universitäten vertrieben worden. Wie sehen Sie das?

Genau so, denn es deckt sich auch mit meiner Beobachtung. Die Fachexpertise,
um sich über ideengeschichtliche Themen auszutauschen, hält sich in sehr
überschaubaren Grenzen. Es existieren nicht viele Lehrstühle, die ökonomische
Ideen- oder Theoriegeschichte praktizieren. Und wenn junge Wissenschaftler/innen
selbst einmal ideengeschichtlich forschen wollen, sind sie damit konfrontiert,
dass behauptet wird, diese Forschung würde keinen Erkenntnisgewinn bringen. Im
Grunde müssen sie sich sogar fast schon dafür rechtfertigen, wenn sie mal keine
Formeln produzieren und stattdessen so dreist sind, das Textverständnis ihrer
Kolleginnen und Kollegen „unnötig“ zu strapazieren.

Das wirkt sich dann natürlich negativ auf die Möglichkeiten aus, innerhalb
der Universitäten auch die wirtschaftsethischen Aspekte der ökonomischen
Theorien zu vermitteln. Denn es existieren in der Ökonomik ja tatsächlich
Ansätze, die die negativen Effekte der Theorien zumindest eindämmen könnten. Die
Ökonomik muss also gar nicht menschenfeindlich sein! Das ist mir besonders
wichtig, da ich nicht dahingehend missverstanden werden möchte, einseitig auf
die Ökonomik einschlagen zu wollen.

Jedenfalls wäre es in dem Kontext notwendig, die Fächer Wirtschaftsethik und
ökonomische Ideengeschichte als Pflichtfächer im Studium zu etablieren und
entsprechende Lehrstühle einzurichten. Leider sind wir davon aber weit
entfernt.

Lassen Sie mich noch einmal auf das negative Menschenbild
zurückkommen. Würden Sie so weit gehen und sagen, dass sich dieses
negativ-ökonomische Menschenbild immer weiter ausbreitet und aktuell
gesellschaftliche Bereiche durchdringt, die bisher frei davon gewesen sind? Oder
anders: Hat sich die neoliberale Wettbewerbsideologie auch auf nicht-ökonomische
Bereiche ausgedehnt? Und wenn ja, dann wie und wo?

Sie zielen mit Ihrer Frage auf die sogenannte Ökonomisierung unserer
Gesellschaft ab. Ich würde das nicht allein am Menschenbild festmachen wollen.
Denken Sie z. B. an die Ökonomisierung im Hochschulbereich: Da geht es vor allem
um die Quantifizierung, Bewertung und Verwertung von „Qualität“ (z. B. der
Forschung), um schnellere und vermeintlich „effizientere“ Studienabläufe.
Hochschul- und Forschungsrankings, Credit Points usw. sind die entsprechenden
Schlagworte.

Aber ja, Sie finden das von Ihnen erwähnte negative Menschenbild in
verschiedenen Bereichen des Alltags. Denken Sie z. B. an diese Modekette „Hollister“, die
ihren Mitarbeitern so sehr misstraute, dass sie ihren Toilettengang
kontrollieren wollte. Durchsetzen konnte sich das Unternehmen zum Glück nicht.
Aber allein das Vorhaben zeigt, wie das Management über die eigenen Angestellten
denkt.

Ähnliches lässt sich auch im Bereich des Sozialstaates beobachten. Nehmen Sie
bspw. die Forderung, Sachleistungen statt Geld an Hilfsbedürftige zu verteilen.
Dort schwingt ja immer das Vorurteil mit, die Bedürftigen könnten mit dem Geld
nicht umgehen und würden es für sonstwas ausgeben. Eine wertschätzende Beziehung
auf Augenhöhe sähe anders aus!

Neben diesem Menschenbild können wir auch nicht die Augen davor verschließen,
dass der Mensch ganz allgemein zunehmend unter dem Druck steht, sich „am Markt“
zu verwerten. Er muss ständig mobil, flexibel und erreichbar sein. Er steht
immer in der Gefahr, als Kostenfaktor „minimiert“ also abgewertet und entwertet
zu werden. Rein ökonomisch wird außerdem häufig argumentiert, dass jede
Bildungsausgabe eine „Investition“ ins eigene „Humankapital“
darstellt. Die Appelle, in die Bildung und die eigene Bildung zu investieren,
sind ja wohlbekannt.

Insofern befinden sich die Menschen von heute im Hamsterrad eines permanenten
Optimierungsmodus und sie sind damit konfrontiert, immer häufiger ein
ökonomisches Nutzenkalkül an den Tag zu legen. Aus Mangel an Alternativen ist
dies mehr oder minder zugleich eine Überlebensnotwendigkeit.

Dieses Nützlichkeitsdenken unterminiert aber gleichzeitig unsere sozialen und
ethischen Werte, da es diese Werte unter den Vorbehalt der ökonomischen
Nützlichkeit stellt. Galt die Menschenwürde einstmals als unbedingtes
Grundrecht, so droht sie, nur doch dort gewährt zu werden, wo sie „nützt“. Damit
sind jene Werte, die als unbedingt gelten sollen, nicht mehr unbedingt, d. h.
sie stehen nur noch einem Teil der Menschen zu – nämlich jenen, die wir als
„nützlich“ empfinden. Analog dazu wird also Solidarität zunehmend nur noch dort
praktiziert, wo es uns ökonomisch nützt bzw. wo sie sich „verwerten“ lässt.

Damit sind wir wieder am Anfang Ihrer Fragen. Meine These ist, dass in dem
Maße, wie wir die Ökonomisierung unserer Lebensbereiche zulassen, sich dieses
rational-kühle Menschenbild immer weiter ausbreitet und möglicherweise zunehmend
an die Stelle anderer wichtiger gesellschaftlicher und humaner Werte tritt. Das
bedeutet aber auch: Wir befinden uns in der Gefahr, immer weniger wie Menschen
miteinander umzugehen.

Kann man darin eine Rückkehr des Sozialdarwinismus sehen? Oder lassen
Sie es mich anders formulieren: Wird damit letztlich nicht das Recht der
Stärkeren forciert?

Ja, hinter der eben erwähnten Entwicklung steht spürbar die Idee des
natürlichen Daseinskampfs, in dem nur die Stärksten überleben. In gewisser Weise
ist das aber auch ein banaler Zusammenhang: Mehr Wettbewerb bedeutet eben mehr
Konkurrenz, mehr Auslese und stellt damit eine Rechtfertigung für das Recht der
Stärkeren dar.

Ob es sich bei dieser Tendenz um eine Rückkehr handelt, das bezweifle ich
jedoch. Denn das würde voraussetzen, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, in
der dieses Verständnis von „Sozialdarwinismus“ nicht galt. Genau das glaube ich
ehrlich gesagt nicht.

Aber Sie haben Recht, es lässt sich beobachten, dass trotz der Finanzkrisen
der letzten Jahre das Gerede vom „Wettbewerb“ und der „Wettbewerbsfähigkeit“ die
Oberhand gewonnen hat. Das impliziert das von Ihnen erwähnte „Recht der
Stärkeren“. Die Frage, ob wir uns z. B. in Europa überhaupt den Stress einer
Konkurrenz zwischen den nationalen „Standorten“ antun wollen, wie viel
Konkurrenz wir als zuträglich und zumutbar erachten, auch mit Hinblick auf die
Selbsterhaltungsfähigkeit anderer Euro-Länder, diese Probleme scheinen mir
momentan hinter die Wettbewerbsphrasen zu treten. Fast unbemerkt wird damit auch
die Frage nach einer Europäischen Solidarität oder – anders ausgedrückt – nach
Europäischen Sozialstandards in den Hintergrund gedrängt.

Sehen Sie einen Ansatz, diesen Prozess rückgängig zu
machen?

Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Sicherlich wäre dazu ein Mix an
verschiedenen Maßnahmen notwendig, allen voran natürlich mit Blick auf die
Bildung und Erziehung.

So könnte ein wichtiger Beitrag bereits darin bestehen, die ökonomische Lehre
zu verändern. Lehrstühle für Wirtschaftsethik und ökonomische Theoriegeschichte
zu etablieren, die sich vielleicht auch verstärkt interdisziplinär betätigen,
das wäre z.B. eine Möglichkeit.

Wenn Sie mich nach konkreten Ansätzen innerhalb der ökonomischen Theorie
fragen, dann wäre schon viel geholfen, wenn etablierte Ökonominnen und Ökonomen
die erwähnte „Sympathy“ von Adam Smith oder die „Soziale Irenik“ – also die
friedensstiftende Funktion etwa im Sinne von Alfred Müller-Armack – im Rahmen
der Sozialen Marktwirtschaft beherzigen würden, bevor sie sich wieder zu Themen
wie Arbeitslosengeld II, Sparmaßnahmen im Sozialstaat usw. äußern.

Vielen Dank für das Gespräch.

Dr. rer. pol. Sebastian Thieme, Jahrgang 1978, ist Volkswirt
und derzeit Mitarbeiter am Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien an
der Universität Hamburg. Er forscht zu Heterodoxie und Orthodoxie, Ökonomischer
Misanthropie, Subsistenz(-ethik), Wirtschaftsethik, Wirtschaftsstilforschung und
Ökonomischer Ideengeschichte.

Das Interview führte Jens Wernicke.




28.»Steckbriefe« für Lohndrücker und Firmen herauszugeben, die sich außerhalb der Tarifgemeinschaft stellen!

 


 
 
 
 
 
Unsere 95
Thesen
 
 
--->>>
 
 
28. Wir
fordern die Gewerkschaften auf, »Steckbriefe« für Lohndrücker und Firmen
herauszugeben, die sich außerhalb der Tarifgemeinschaft
stellen!

 


Unsere 95 Thesen
 
 
[via Junge Welt]
 
 
 
»Wir sehen uns dazu veranlaßt,
weil genau wie zu Luthers Zeiten das Gefüge unserer Gesellschaft in Unordnung
ist. Die Schere zwischen Oben und Unten, zwischen Reich und Arm klafft in nie da
gewesenem Ausmaß auseinander.
(…) Wir wollen mit unserem
Thesenanschlag ein Zeichen dafür setzen, dass es an der Zeit ist, Widerstand zu
leisten.« junge Welt dokumentiert die 95 Thesen.



30
Sep
2015

--->>> Neofeudalismus im Finanzmarktkapitalismus [via Nachdenkseiten]

 
Neofeudalismus im
Finanzmarktkapitalismus
 
[via Nachdenkseiten]
 
 
 

Nach der Kritik des Bundesverfassungsgerichts 2014 und
den ak- tuellen » Korrekturen « der großen Koalition: Die Steuerprivilegien für
Unternehmerfamilien bestehen fort
Steinreich wird man hierzulande am ehesten
durch die massenhafte Ausbeutung fremder Arbeitskraft – das
industriekapitalistische Modell der Reichtumsmehrung im 19. und 20. Jahrhundert,
– durch erfolgrei- che Spekulationen an den Finanzmärkten, – das
»kasinokapitalisti- sche« Modell der Reichtumsmehrung im späten 20. und im 21.
Jahr- hundert – oder durch eine große Erbschaft – das feudalgesellschaftliche
Modell des Mittelalters, welches derzeit fröhliche Urständ feiert.
 
Auf- grund der von CDU, CSU, FDP und SPD in zwei
unterschiedlichen Koalitionsregierungen gesetzlich fixierten
Verschonungsregelungen für Erben von Betriebsvermögen verwandelt sich
Deutschland wieder in eine »patrimoniale Gesellschaft«, wie der französische
Ökonom Tho- mas Piketty ein Land nennt, in dem die Höhe des »väterlichen Erbes«
darüber entscheidet, wer arm und wer reich ist.

Damit sich diese Form eines Neofeudalismus im
Finanzmarktkapita- lismus etablieren kann, muss sich der Staat im Erbschafts-
bzw. Schenkungsfall zurückhalten und auf eine hohe Besteuerung der Nachkommen
verzichten.
 
Regierung, Parlament und Verfassungsge- richt haben sich
zuletzt schützend vor die reichsten und mächtigsten Familien der Bundesrepublik
gestellt. Während nicht weniger als 1,64 Millionen Kinder unter 15 Jahren (von
10,65 Millionen Kindern dieser Altersgruppe insgesamt) in landläufig
»Hartz-IV-Familien« genannten SGB-II-Bedarfsgemeinschaften leben, wurden
ausgerechnet die Erben der Bahlsens und Burdas, der Haniels und Henkels, der
Oetkers und Quandts sowie der Dussmanns, Fielmanns, Rossmanns und Viess- manns,
also die reichsten Nachkommen des Landes, mit Steuerge- schenken in
Milliardenhöhe überhäuft.



24
Sep
2015

Sankt Angela, BILD + andere organisieren das globale Rattenrennen um die billigsten Arbeitsplätze

 

Hol Dir Deinen Syrer! Flüchtlinge als
Spielball

von redaktion01
 
[via
arbeitsunrecht.de]
 
 
http://arbeitsunrecht.de/hol-dir-deinen-syrer-fluechtlinge-als-spielball/
 
 

NATO, Sankt Angela, BILD und andere organisieren das globale Rattenrennen um
die besten und billigsten Arbeitsplätze

von Werner Rügemer

Im Jahre 2012 sind 1,1 Millionen Menschen in die Bundesrepublik Deutschland
zugewandert, 2013 waren es 1,2 Millionen, so heißt es offiziell. Übrigens:
gleichzeitig wanderten jeweils eine Dreiviertelmillion aus. Wenn 2015 eine
Million Zuwanderer oder auch noch ein paar hunderttausend mehr nach Deutschland
kommen: Was ist daran jetzt neu?

Jetzt heißen sie nicht Zuwanderer, sondern Flüchtlinge. Aber: Die früheren
Zuwanderer waren in ihrer Mehrheit auch schon Flüchtlinge. Sie flüchteten (und
flüchten weiter) auch wegen eines Krieges, der nichts Gutes brachte, sondern
einen zerstörerischen Nachkrieg, der weiter anhält. Sie flüchten aus dem Kosovo,
aus Mazedonien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Albanien.

Flucht als Folge von Krieg und gezielter Destabilisierung

Der Krieg hatte nach dem Versprechen der
Aggressoren, der US-geführten NATO und der EU, die Verhältnisse bessern sollen:
wirtschaftlich, rechtlich, moralisch. Das Gegenteil ist bekanntlich und
logischerweise eingetreten. Korruption, Staatszerfall, Arbeitslosigkeit,
Herrschaft von Oligarchen und verschiedenfarbigen Rechtskräften, Nationalisten,
Rassisten, Mafiosi. Das sind die zum neoliberalen Konzept gehörigen Verbündeten
und Hilfstruppen (wie etwa in der Ukraine wieder). Niemand würde von dort
flüchten, wenn es so wie zu Titos und Jugoslawiens Zeiten geblieben oder besser
geworden wäre. Ähnliches gilt für die anderen Staaten, die der militärischen
Aggression derselben menschenrechtlich lackierten Aggressoren und deren
Nachkrieg ausgeliefert waren und noch sind: Irak, Afghanistan, Libyen.

Nun flüchten zunehmend Menschen aus ähnlichen Zuständen in Syrien. Die
Aggressoren und Kriegsverursacher sind in etwa dieselben, angereichert durch
weitere antidemokratische Hilfs- und Terroristentruppen. Wenn wir das syrische
Assad-Regime mit der Skala der von Obama und Merkel hofierten Machthaber
abgleichen, dann kommt es ziemlich gut weg: zum Beispiel kein böser
islamistischer Staat, im Vergleich zu den islamistischen Lieblings-Diktaturen
der westlichen Wertegemeinschaft wie Saudi-Arabien und Katar, die u.a.
Terroristen finanzieren, um in Syrien zu kämpfen und dabei auch zivile
Kollateral-Morde in Kauf nehmen oder inszenieren.

Neuer Dreh der Arbeitsmarkt-Strategen: Flüchtlinge als Chance

Was hat das mit Arbeitsplätzen in Deutschland zu tun? Gunnar
Heinsohn
erklärt es uns. Er ist am NATO Defense
College
(NDC) in Rom für „Militärdemografie“ zuständig, er ist auch
Mitarbeiter der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAK) in
Berlin: In den reichen NATO-Staaten schrumpft die einheimische Bevölkerung. In
der EU fehlen bei 1,5 Kindern pro Frauenleben jährlich 2,1 Millionen
Neugeborene. Es müssen also bis 2050 – mindestens soweit in die Zukunft denkt
ein NATO- Militärdemograf –75 bis 100 oder mehr Millionen Menschen zuwandern,
oder flüchten, egal. Die bringen im Durchschnitt zwei Kinder pro Frauenleben,
das hat der Forscher ausgerechnet. Es wäre auch nicht schlecht, wenn es sogar
mehr Menschen in der EU gäbe, vor allem solche, die arbeiten. Warum? Für das
bedrohte Blühen des westlichen Schrumpfmodells ist es gerade heute ein Markt-
und Machtfaktor, möglichst viele Menschen als Beschäftigte und Steuerzahler und
Verbraucher bei sich leben zu haben.

Außerdem, so Heinsohn: Es gibt leider leider in der EU so viele
Unqualifizierte und Arbeitslose und wird es zukünftig noch mehr geben wird
(die „Bedauernswerten“ nennt er sie). Auch deshalb müssen mehr
qualifizierte Leute aus anderen Regionen der Welt hereingeholt werden. Zumindest
„jeder zehnte“ kann eine Chance
kriegen
, lobt der Militärwissenschaftler. Zur NATO-geförderten
Arbeitsmarktpolitik gehört es also, die
eigenen „Unqualifizierten“ und Arbeitslosen im Abseits vegetieren zu
lassen
.

Flucht als Auslese

Zuwanderer oder Flüchtlinge, egal, haben für Heinsohn einen Vorteil: Sie
stellen eine selection oft he fittest dar (Auslese der Angepasstesten).
Sie haben sich erfolgreich im Rattenrennen in die EU und innerhalb der EU
durchgesetzt. Sie sind angekommen: Erste Selektion. „Nur Asse passieren die
Grenze.“
Zweite Selektion: Sie sind noch erpressbarer und nehmen jede
Arbeit an, ob hoch- oder nicht qualifiziert.

Die Auswahl der Fittesten kann nach Auffassung des Militärdemografen auch auf
andere Weise organisiert werden. Zum Beispiel durch E-Learning. Damit „kommen
schon jetzt die besten Lehrer kostenlos auf die Smartphones der isoliertesten
Dörfer“, zum Beispiel in Afrika. Wenn dann die Lernwilligen – Schulen brauchen
sie ja dort im Busch nicht – dort europäische Leistungstests bestehen, können
sie sich in der EU bewerben. Aber nur ein winziger Bruchteil wird durchkommen.
Denn: „Jeder Bewerber aus Afrika muss allerdings in Rechnung stellen, dass
sich in Pakistan und Bangladesh ebenfalls viele Konkurrenten auf dieselben
Lebenswege vorbereiten.“

Übrigens: Am NATO Defense College wird auch zu Aufstandsbekämpfung (Counter
Insurgency Operations) und zur Rolle des Militärs in Revolutionen geforscht. Die
Vorschläge aus dem NATO Defense College kursieren nicht nur in Militärkreisen
und der deutschen Bundesakademie für Sicherheit, sondern auch in der
militarisierten Zivilgesellschaft, bei der Frankfurter Allgemeinen, im
Handelsblatt und bei der Achse
des Guten
um Henryk M. Broder, einen Springer-Journalisten (Die
Welt
), der sich als Islam-Gegner und Retter des christlich-jüdischen
Abendlandes profiliert – und begeisterter Anhänger der israelischen Siedlungs-
und Besatzungspolitik ist.

US-Präsident Barack Obama lobte im persönlich gewährten Telefonat seine
Angela in Börlien: Danke Angela, dass Ihr Deutschen soviele Flüchtlinge aus
Syrien aufnehmt! Diese gelobte menschliche Großtat dient nämlich auch einem
anderen Zweck: Das verhasste Assad-Regime wird dadurch nicht nur militärisch,
sondern auch zivil destabilisiert. Der Regierungssturz soll auch dadurch
vorbereitet werden. Die flüchtenden qualifizierten Akademiker (wie haben die
unter Assad nur so gut studieren können?) trocknen Schulen, Verwaltung,
Krankenhäuser, Hochschulen, Ingenieurbüros aus.

Und zurückbleiben die Schwächsten und Ärmsten unversorgt und arbeitslos, die
nicht das Schleuser-Geld haben oder vielleicht zugesteckt bekommen.

Heilige Fluchthelferin Angela: Warum hilfst du nicht auch diesen?

Siehst du sie nicht? Hat dich das viele Lob des Oberkommandierenden erblinden
lassen? Lassen wir den BILD- und Regierungs-Vordenker Professor Hans Werner Sinn
beiseite, der die auch von ihm so genannte deutsche Willkommenskultur noch will-
und vollkommener machen möchte. Er fordert: Mindestlohn senken, damit „wir“ die
Flüchtlinge besser „integrieren“ können!
(Mindestlohn
oder Flüchtlinge – beides geht nicht!
) Dass weitere bekannte Freunde Angelas
und der willkommenen Niedrig- und Niedrigstlöhnerei, die großen
Unternehmerverbände, die Flüchtlinge als weiteres Argument für die Senkung der
Mindestlöhne hernehmen, versteht sich von selbst. Nur werben sie jetzt
zusätzlich damit, dass damit die „Integration“ gefördert werde. Noch weiter
verschärftes Lohndumping als menschenfreundliche Tat!

Unternehmer weinen und versinken in Nächstenliebe

Kommen wir zu weniger auffälligen Organisatoren des Rattenrennens.
Kennen Sie den Arbeitsrechts-Experten Michael T. Sobik? Wenn
Sie Unternehmer oder Manager sind, dann haben Sie dieser Tage vielleicht sein
persönliches Rundschreiben mit Namensanrede bekommen (hier
zu finden
): „Schließen Sie jetzt Ihre Facharbeiterlücke. Stellen Sie
Flüchtlinge ein und tun dabei Gutes!“
Sobik mahnt zur Eile: „Der
Wettbewerb der Industrie hat schon begonnen.“
Siehe Daimler-Chef Zetsche:
„Er sucht in Flüchtlingscamps nach Mitarbeitern“. Und nicht nur er:
„Headhunter suchen in Flüchtlingscamps nach neuen Fachkräften für die
Industrie.“
Sobik rät seinen Kunden, kräftig auf die Tränendrüse zu
drücken, da könne man nebenbei einen „positiven PR-Faktor“ einheimsen.
„Die Schicksale rühren zu Tränen und führen zu einer nie dagewesenen Welle
der Nächstenliebe.“

Arbeitsrechts-Experte Sobik ist tätig für den Bildungsträger
Praxis-Campus der deutschen Wirtschaft und den dazu gehörigen
Verlag BWRmed!a, in dessen Seminaren etwa zum Thema
„Außerordentliche Kündigung von Betriebsrats-Mitgliedern“ referiert
wird oder Tipps gegeben werden „herausfordernde Mitarbeiter zu indentifizieren
und zu feuern (siehe
hier
). BWRmed!a und Praxis-Campus gehören zur Bonner Verlagsgruppe
Norman Rentrop
. Sobik preist in seinem Rundschreiben auch sein
„Arbeitgeber-Handbuch Mindestlohn“ an (hier
zu finden
): „Alle wichtigen Tipps, Tricks und Kniffe für den Umgang mit
dem Mindestlohn“
– christlich-deutsche Nächstenliebe in der Praxis.

Erlösen wir uns aus dieser Heuchelei!

Wir müssen Flüchtlingen in ihrer Not helfen, aber dies ist nur dann
wahrhaftig, wenn wir gleichzeitig dazu beitragen, die kriegerische und menschenrechtswidrige
Politik zu beenden
, die Menschen aus ihren Ländern vertreibt, während des
Krieges und nach dem Krieg.

————————–

Der Artikel erschien in leicht redigierter Fassung in der Tageszeitung junge Welt vom
22.09.2015



23
Sep
2015

--->>> via scharf-links.de -->> 537. Bremer Montagsdemo am 21. 09. 2015

 
 
537. Bremer Montagsdemo am 21. 09.
2015
 
[via
scharf-links.de]
 
 

Von Montagsdemo Bremen

Die Sanktionen im SGB II sind
verfassungswidrig

1. Am Sonntag wurde auf „3sat“ die „Ge­gen­dar­stel­lung“ von Max Uthoff
ausgestrahlt, sehr sehens- und hörenswert. Es war kein Lacher möglich.
Treffsicher landeten die Tatsachen im Ohr. Besonders gefallen hat mir die
Aufdröselung der öffentlichen Meinung zu den Langzeitarbeitslosen und wie diese
entstanden ist. Angesprochen wurden auch weitere Themen: Gelder an Griechenland
zur Schuldentilgung bei den deutschen Banken, dann hat das Geld wenigstens
einmal die Sonne gesehen. Ein Krebsgeschwür bricht durch, weil das
Gesundheitssystem in Griechenland teilweise abgeschafft wurde. Zum
Freihandelsabkommen gab es natürlich nichts Positives, denn Uthoff lügt nicht.
Riester und Konsorten mit den vollen Taschen: Wer immer das Gleiche sagt, hat
recht?

Sofort folgte Christoph Sieber „Hoffnungslos optimistisch“. Hier war lachen möglich, aber es
blieb auch im Halse stecken. Er rüttelt auf: Die Armut ist gewollt! Diesen
Dienstag geht „Die Anstalt“ wieder auf Sendung, um 22:15 Uhr im ZDF. Die „Heu­te-Show“ kündigt an: „Im Windschatten der großen
Weltgeschehen gehen die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP ungehindert weiter.
Oliver Welke informiert über den aktuellen Stand – und der ist alles andere
als erfreulich.“ Zu sehen ist auch Herr Gabriel. Er sagt zu, dass es keine
Geheimverhandlungen geben wird. Herr Gabriel hat seine Zusage nicht gehalten.
Warum lässt er sich dies gefallen?

Am 10. Oktober 2015 wird in Berlin Kopf gezeigt: TTIP in die Tonne! Aber auch Ceta und Tisa! Ceta sei ausverhandelt und wird nicht wieder
aufgeschnürt, sagt die EU. Über Tisa äußert sich die EU gar nicht erst. Ich bin
sicher, am 11. Oktober ist die EU anderer Meinung. Wer nach Berlin will, wird
bei der Mitfahrbörse fündig. Wer noch wankelmütig ist, schaut sich am
besten den Bericht der ARD über das Freihandelsabkommen der USA mit Mexiko an,
siehe auch 522. Bremer Montagsdemonstration.

 

2. Die
Griechen haben gewählt
. Für die Regierungsbildung drücke ich die Daumen. Ich
hoffe, dass Europa diesen Wählerwillen akzeptiert und für die Griechen eine
sozialverträglichere Lösung gefunden wird. Natürlich wissen EU und IWF, was sie
den Griechen zumuten: In dem Film „Die Spur der Troika“ wird deutlich, dass der
Wirtschaftsabschwung bewusst verursacht wurde!

Die Krise in Griechenland hat europaweit die Zinsen sinken
lassen. Die Geldpolitik der EZB und der Investitionsprogramme der EU haben diese
niedrigen Zinsen verfestigt. Geld ist für 0,05 Prozent erhältlich, nur leider
nicht für Griechenland! Die US-Notenbank setzt ihre Niedrigzinspolitik fort. „Verwunderung über die Fed-Entscheidung“, titelt der
„Weser-Kurier“. IWF-Chefin Lagarde hält eine Zinserhöhung Anfang 2016 für
wünschenswert. Der IWF solle unverändert vier Prozent für seine Kredite
verlangen und somit die Zinssenkungen nicht weitergeben.

Auch die EU verdient an den Krediten für Griechenland, Bremen
nicht zu vergessen. Ohne die gesunkenen Zinsen entspräche der Bremer Haushalt
bereits in den Vorjahren nicht den Vorstellungen des Stabilitätsrats. In der Sa­nie­rungs­be­richt­er­stat­tung
steht nichts von den Versäumnissen, der Übervorteilung der Schüler und den
sozialen Schulden insgesamt! Im Herbst 2015 sollen neue Ziele vereinbart werden.
Nach meiner Meinung kann das nur die Aufhebung der Schuldenbremse sein.

Die „Schwarze Null“ des Bundes ist ebenfalls mit Hilfe der
Übervorteilung Griechenlands entstanden – wobei es nach den
Rahmenbedingungen der Bilanzen eine „Rote Null“ war: Bei einer „Schwarzen Null“
sind alle Risiken berücksichtigt, bei einer „Roten Null“ nicht. Bei dieser
(angeblich) „Schwarzen Null“ wurden die Risiken nur verdrängt, nicht beziffert.
Inzwischen wird aus der „Roten Null“ eine blutige Null.

In den Flüchtlingslagern an der syrischen Grenze werden die
Menschen von UN Hilfsorganisationen versorgt. Diese Hilfsorganisatoren können
die Menschen nicht mehr ernähren. Ihnen fehlt das Geld. Auf dem Papier haben sie
noch Geld, die Zahlungszusagen wurden aber bisher nicht eingehalten. So machen
sich die Menschen auf den Weg nach Europa. Deutschland könnte dies ändern!

 

3. Die Weltgesundheitsorganisation warnt:
Glyphosat verursacht wahrscheinlich Krebs. Jetzt muss Agrarminister Christian
Schmidt dafür sorgen, dass die EU den Unkrautvernichter von Monsanto verbietet.
Doch bisher weigert er sich, unserer Gesundheit Vorrang vor den Interessen
Monsantos einzuräumen. Ein Teilerfolg ist die Verschiebung der
Genehmigungsentscheidung um ein halbes Jahr. Wer mit dem Aufruf
zur Unterzeichnung
nichts anfangen kann, lese bitte die 532. Bremer Montagsdemonstration.

Das „Umweltinstitut München“ schreibt, erste
Stichproben-Untersuchungen gäben Anlass zur Sorge: Das gefährliche Ackergift
Glyphosat finde sich inzwischen fast überall, in Gewässern und Lebensmitteln, in
menschlichem Urin und sogar in der Muttermilch. Gesucht werden Teilnehmer(innen)
für eine Flächenstudie über die Belastung mit Glyphosat. Die Grundwasserwerte stimmen nicht
mehr. Fegen auch Sie dieses Gift vom Teller!

„Radio Bremen“ meldet: „Niedersachsens Landwirtschaftsminister
Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) forderte eine Verschärfung des
Pflanzenschutzgesetzes und attackierte seinen Kollegen im Bundesamt: Christian
Schmidt (CSU) verhindere durch agrarfreundliche Ausnahmen einen Schutz des
Grund- und Trinkwassers. Eine Ausnahmegenehmigung für das Herbizit Glyphosat hob
Meyer sofort auf.“

 

4. In Bremen fehlen bezahlbare
Wohnungen. Das ist leider nichts Neues: Bereits 2013, bei einer
Veranstaltung der „Arbeitnehmerkammer“, wurde der Bausenator darauf
angesprochen, ziemlich zum Schluss der Veranstaltung. Seine Reaktion lautete
sinngemäß: „Ich habe keine Überlassungsanzeige vorliegen. Ich gehe somit davon
aus, dass alles in Ordnung ist.“ Inzwischen haben wir das Jahr 2015 und den
Ansturm der Neubürger. Was macht der Bausenator? Er will abwarten! Es wird Zeit
zum Handeln. Bauanträge und Planungen sind keine Steine. Hoffentlich kommt er
nunmehr in die Pötte! Den „Autofreien Stadtraum“ hat er nicht mehr absagen können. Die
Belustigung hat circa 100.000 Euro gekostet. Dies war lange geplant, angesichts
der angespannten Haushaltslage!

Bremen spart bei den Menschen mit wenig Geld. Die
Mietobergrenzen oder Mietrichtwerte sind total überholt. Wer als
Leistungsbezieher seine Miete und Nebenkosten nicht voll erstattet bekommt, kann
sich wehren. Wie dies geht? Einfach herkommen zur Montagsdemonstration, wir
gehen mit! Wer im Leistungsbezug ist und umziehen möchte, muss einen triftigen
Grund für den Umzug haben, oder er erhält keine umzugsbedingten Kosten
erstattet. Es muss ein Grund sein, der auch Menschen ohne Leistungsbezug zum
Umzug veranlassen würde. Die Umzugskosten müssen vor dem Umzug beantragt werden.
Außerdem gibt es noch die Regelung, dass die neue Wohnung nicht teurer als die
alte sein darf.

Wer auf Wohnungssuche geht, sollte dies dokumentieren. Wer
endlich eine Wohnung gefunden hat, sollte sich von den Mietrichtwerten nicht
erschrecken lassen, sondern mit dem Vermieter vereinbaren, dass er die Wohnung
reserviert, und mit dem Mietvertrag oder einem Mietangebot zum Amt gehen. Die
Sachbearbeiter(innen) können die Mietobergrenzen aushebeln und auch höhere
Mieten bewilligen. Als Argument die Dokumentation über die Wohnungssuche
anführen.

Wenn die Sachbearbeitung die neue Wohnung nicht bewilligt,
kann die Hilfe des Sozialgerichts beantragt werden. Die Rechtsantragsstelle ist
bis 12 Uhr erreichbar. Die Hilfe und das Eilverfahren sind für den
Hilfebedürftigen kostenlos. Den Vermieter informieren und bei der
Rechtsantragsstelle sagen, wie lange der Vermieter noch abwartet. Wie dies alles
geht? Wir gehen mit!

Die Mietobergrenzen stehen in der „Verwaltungsanweisung Wohnen“. Auf Seite 11 heißt es: „Die
Feststellung der konkreten Angemessenheit obliegt der Sachbearbeitung. Sie
entscheidet, ob im Einzelfall die Richtwerte als angemessene Kosten der
Unterkunft zugrunde gelegt werden, oder aber davon abweichend eine höhere
angemessene Miete anzuerkennen ist.“ Wer aus einer Notlage in die jetzige
Wohnung gezogen ist, kann gegen diese Regelung argumentieren und gegebenenfalls
die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen, möglichst mit einem Wohnungsangebot
im Schlepptau. Wie dies alles geht? Wir gehen mit!

Wie sehr die Mieten in Bremen steigen und wie rar Wohnungen
sind, geht aus dem „Statistischen Jahresbericht 2015“ der „Arbeitnehmerkammer Bremen“ hervor (ab Seite 28): „Die teils
massiven Steigerungen sind ein deutlicher Hinweis für die Notwendigkeit der
zügigen Umsetzung der sogenannten Mietpreisbremse (Rechtsverordnung zur Dämpfung
des Mietanstiegs). Sie verhindert bei neu abgeschlossenen Mietverträgen einen
Preissprung von über zehn Prozent gegenüber ortsüblichen Vergleichsmieten.“
Dieser Appell der „Arbeitnehmerkammer“ stammt vom Juli. Der Bausenator will die
ortsübliche Vergleichsmiete wahrscheinlich erst Mitte Oktober bestimmen, also
errechnen oder festlegen – ob gerichtsfest, bleibt ungewiss.

 

5. Die Sanktionen im SGB II sind verfassungswidrig:
Mit dieser Einschätzung schließt sich das Sozialgericht Dresden dem Vorlagebeschluss des Sozialgerichtes Gotha vom 26. Mai 2015
(Aktenzeichen S15 AS 5157/14) an. Die 50 Seiten des Vorlagebeschlusses sind
lesenswert. Wer eine Sanktion angedroht bekommt, sollte bereits vor dem
Ausfüllen des Fragebogens zu einer Beratungsstelle gehen, um die Sanktionierung
zu verhindern.

Wer einen noch durch Widerspruch erreichbaren
Sanktionsbescheid hat, sollte diesen Widerspruch einlegen und dazu eine
Beratungsstelle aufsuchen. Für alle anderen Sanktionsbescheide ab 1. Januar 2014
können bis zum Jahresende Überprüfungsanträge gestellt werden, für jede Sanktion
einen. Sie müssen begründet werden, zum Beispiel mit dem eventuell noch nicht
entschiedenen Vorlagebeschluss oder auch durch die eigenen Besonderheiten. Wie
dies alles geht? Wir gehen mit!

Dies waren nun viele Informationen über Entscheidungen,
Weicheinstellungen, die sozial betrachtet anders sein müssten. Weitere
Informationen erhalten Sie durch Nutzung der Suchmaschine auf unserer Homepage, einfach mal ausprobieren!
Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten
daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben
auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt
auf Ihre Meinung und Erfahrung! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die
Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)




22
Sep
2015

vertiefend --->>> Werner Seppmann über Hartz IV und die #politisch #gewollte #Armut in #Deutschland

 

"Bettler und Obdachlose wurden wieder

zu einem gewohnten Bild in den städtischen Zentren"

 
[via heise.de]
 
 
 
 

Werner Seppmann über Hartz IV und die politisch
gewollte Armut in Deutschland - Teil 1

Die Armut hat in Deutschland seit 2005 bedrohliche
Formen angenommen: Laut offiziellen
Angaben lebten 2013 in Deutschland
12 Millionen Menschen in Armut oder galten als armutsgefährdet. 2,5 Millionen
Kinder befanden sich in
Einkommensarmut. 8 Millionen verdienten sich ihren Lebensunterhalt im
Billiglohnbereich. 25 Prozent der Beschäftigten lebten von sogenannten prekären
Jobs.

Dafür verfügten die reichsten 10 Prozent der
Bevölkerung über 53 Prozent des gesamten Nettovermögens. In den Medien wird zwar
darüber gestritten, ob diese Zahlen der Realität entsprechen oder schöngefärbt
sind - aber es wird selten thematisiert, mit welchen politischen Schritten diese
Entwicklung zusammenhängt: Mit der Agenda 2010 und den Hartz-Reformen des
Arbeitsmarkts. Ein Gespräch mit dem Sozialwissenschaftler
Werner Seppmann, der
das Buch
Ausgrenzung und Herrschaft verfasst hat.
 

Herr Seppmann, Sie schreiben, dass
mittlerweile fast 20 Prozent der Bevölkerung in der Bundesrepublik in Armut lebt
und weitere 20 Prozent mit der Gefahr konfrontiert sind, in die Armut
abzurutschen. Wird dies zum Dauerzustand in Deutschland?

Werner
Seppmann:
Es ist zu befürchten. Soziale Rückbildungsprozesse (zum
Beispiel einschneidende Veränderungen des Arbeits- und Sozialrechts) und in
deren Folge die Ausdehnung von Unsicherheits- und Armutszonen können, wenn auch
in unterschiedlicher Intensität, in allen entwickelten Industrieländern
beobachtet werden. Überall hat sich eine soziale Abwärtsspirale in Gang gesetzt,
weiten sich die Zonen der Bedürftigkeit aus und verfestigen sich. Wer einmal in
ihnen gelandet ist, findet immer seltener einen Weg aus ihnen hinaus. In der EU
gibt es gegenwärtig 20 Millionen Arbeitslose und es leben 60 Millionen Menschen
in Armut - so viele wie noch nie zuvor.

Aber noch immer ist Europa im Vergleich
eine Wohlstandsregion ...

Werner
Seppmann:
Der Kreis der Menschen die an der Reichtumsproduktion
partizipieren, wird trotzdem immer kleiner. Ein sozialer Sog nach unten drückt
sich mittlerweile sogar in Widerspruchsformen aus, die teilweise an die Zustände
in einer sogenannten 3. Welt erinnern.

Es ist gleichermaßen erstaunlich
wie auch irritierend, mit welcher Geschwindigkeit ein elementarer sozialer
Antagonismus zurückgekehrt ist und selbst unmittelbare Bedürftigkeit sich
ausbreitet. Auch kritische Betrachter der Gesellschaftsentwicklung hätten sich
vor zwei Jahrzehnten die Geschwindigkeit und die Intensität dieses Abwärtstrends
kaum vorstellen können.

Die gesellschaftlichen Gegensätze
verschärfen sich und haben zu einer soziokulturellen Spaltung in einer lange
nicht mehr gekannten Intensität geführt. Krisenopfer und Krisengewinnler leben
in höchst unterschiedlichen Welten mit differenten Orientierungsmustern und
Entscheidungspräferenzen: Es präsentieren sich wieder klassengesellschaftliche
Verhältnisse in einer offensichtlichen Form.

Licht am Ende des Tunnels ist
nicht in Sicht, Indizien für eine Trendumkehr sind kaum zu erkennen. Immer
deutlicher kristallisiert sich heraus, dass die Wohlstands- und
Wirtschaftswunder-Phase der Nachkriegsjahrzehnte nur Ausdruck einer historischen
Sonderentwicklung war, die für den Kapitalismus nicht als typisch angesehen
werden kann. Schon seit 30 Jahren - erst schleichend, dann immer nachdrücklicher
- machten sich verstärkt Widerspruchsformen bemerkbar, die schon als überwunden
galten: Ausgrenzung, Armut und Bedürftigkeit breiteten sich mit großem Tempo
aus. Bettler und Obdachlose wurden wieder zu einem gewohnten Bild in den
städtischen Zentren.

Aber Armut und Bedürftigkeit auf der
einen Seite und Wohlstand auf der anderen, das hat es doch immer schon gegeben
...

Werner
Seppmann:
Sehr richtig! Jedoch haben die aktuellen Entwicklungen im
Kontrast zur Vergangenheit einen besonderen Charakter. Ja, es gab in der
Geschichte nicht nur des Kapitalismus fast immer Arme und gesellschaftliche
Außenseiter. Es waren die Landlosen in den Dörfern und es waren entwurzelte
Menschen, die in den Städten nicht Fuß fassen konnten. Sie waren besonders
Benachteiligte in Gesellschaften, in denen jedoch nur ganz wenige im Wohlstand
oder auch nur in gesicherten Verhältnissen lebten. Das ist heute allerdings
anders. Noch immer sind die Metropolengesellschaften reiche Gesellschaften,
wächst beständig das Sozialprodukt - aber der Kreis derer, die davon
profitieren, wird zunehmend kleiner.

Und was kennzeichnet die Armut von
heute?

Werner
Seppmann:
Zum besonderen Charakter der gegenwärtigen Situation gehört,
dass unter den prekär Beschäftigten und den Hartz-IV-Empfängern viele Menschen
sind, denen es vor gar nicht langer Zeit einmal besser ging und die zu einem
nicht geringen Teil auch berufliche Qualifikationen vorweisen können. Die
meisten von ihnen hätten es sich noch vor wenigen Jahren nicht träumen lassen,
einmal in die sozialen Außenseiterzonen abzusinken und gezwungen zu sein,
ungesicherte und extrem schlecht bezahlte Beschäftigungen annehmen zu müssen.

Vor dem Hintergrund einer
neoliberalistischen Umverteilungspolitik und stagnierender Masseneinkommen geht
die Schere zwischen Reichtum und Bedürftigkeit immer weiter auseinander.
Gleichzeitig sind die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit von zunehmender
Unsicherheit geprägt: Die Angst aus dem Gefüge der sozialen Sicherheit heraus zu
fallen, ist zur Epochensignatur geworden.




20
Sep
2015

DIE LINKE fordert die Abschaffung aller Sanktionen und Leistungseinschränkungen bei Hartz IV

 
 
Hartz IV-Sanktionen sofort
abschaffen
 
[via
scharf-links.de]
 
 

"Der Druck auf die Politik und auf das
Bundesverfassungsgericht, die Hartz IV-Sanktionen abzuschaffen, wird mit der
Feststellung des Dresdner Sozialgerichts deutlich erhöht", erklärt Katja
Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.  Das
Sozialgericht Gotha hatte einen Vorlagebeschluss gefasst, in dem die
Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen bei Hartz IV infrage gestellt werden. Dem
schließt sich nun das Sozialgericht Dresden an (Az: S 20 AS 1507/14).

Im verhandelten Fall ging es um einen Hartz-IV-Bezieher, der
aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine Arbeitsstelle nicht
antreten konnte. Das Sozialgericht Dresden ist der Auffassung, dass eine
100-Prozent-Sanktionierung grundsätzlich rechtswidrig sei. Katja Kipping weiter:

"DIE LINKE fordert die Abschaffung aller Sanktionen und
Leistungseinschränkungen bei Hartz IV und den anderen Grundsicherungen. Wir
appellieren an Andrea Nahles, die Sanktionen sofort abzuschaffen. Wir
appellieren an die Mitglieder des Bundestags, unserem Antrag zur Abschaffung
aller Sanktionen und Leistungseinschränkungen zuzustimmen.

Dies auch vor dem Hintergrund des Sanktionshungerns von Ralph
Boes und möglichen Folgen für sein Leben. Und vor dem Hintergrund der
alltäglichen Sanktionen und Sanktionsandrohungen gegenüber Betroffenen. Das
Grundrecht auf ein soziokulturelles Existenzminimum ist unverfügbar, Grundrechte
kann man nicht kürzen."




--->>> Zugehend auf den 25. Jahrestag

 
 Zugehend auf den 25. Jahrestag

Von Klaus Horn

 

[via scharf-links.de]

 

http://scharf-links.de/48.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=53095&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=3ec6af0e0b

 

... der Deutschen Einheit gibt es auf Grund seiner einmaligen
Bedeutung eine Fülle von bedeutenden Ereignissen schon vor den stürmischen DDR-
Herbsttagen 1989, als auch nach ihnen bis zum und über den 3.Oktober 1990
hinaus. Bürger aus Ost und West und die Medien vergessen diese Zeit nicht, je
nachdem sie mit ihr in Berührung kamen. Aber es gibt auch „Theoretiker“ unter
ihnen.

Die Demonstration am 4. November auf dem Berliner Alex war so
etwas wie ein mächtiger Auftakt gewesen für das, was geschehen war, und wohin es
gehen sollte, geht man von der durch die Schauspielerin Marion van de Kamp
eröffnenden Rede aus: „Hier findet keine Manifestation statt, sondern eine
sozialistische Protestdemonstration!“….

5 Tage später die Mauer….

Und dennoch unterzeichneten 31 Persönlichkeiten- darunter,
Heym, Christa Wolf, Braun, Beyer, Weiß, Krusche, Schorlemmer…-den auf einer
Pressekonferenz am 28.11. bekanntgegebenen Aufruf „Für unser Land“ :

„Unser Land steckt in einer tiefen
Krise…Entweder können wir auf der Eigenständigkeit der DDR
bestehen…Oder wir müssen dulden, dass  ein Ausverkauf
unserer materiellen und moralischen Werte beginnt und über kurz oder lang die
DDR durch die BRD vereinnahmt wird“, von 1,7 Millionen Bürger noch
unterschrieben(1) 

Die weitere Entwicklung ist bekannt. Die am 18. März
neugewählte Volkskammer beschloß sogar am 31. August den Beitritt der DDR zur
Bundesrepublik, jede Souveränität vollkommen aufgebend.

Ich möchte aber in diesem kurzen Beitritt einen Genossen
hervorheben, zumal diese in der Nachwendezeit oft bewusst oder in der Regel in
den Misskredit gebracht werden. 

Es ist der Berliner Bauingenieur Manfred Barg, seit 40 Jahren
in der SED und seit 30 Jahren in der Kampfgruppe, am 17.Juni 1953 als Maurer in
der Stalinallee und am 13.August 1961 als Posten in der Bernauerstrasse. Er
sagte auf dem Parteitag der Noch-SED im Dezember 1989 in der
Werner-Seelenbinder-Halle:

„Ich habe die Menschen angefleht, die Maßnahmen*  der
Regierung zu verstehen… das Politbüro* hat mich und mit mir Zehntausende
Kampfgruppenmitglieder betrogen. Sie haben aus dem antifaschistischen Schutzwall
eine schmutzige Mauer gemacht, hinter der sie geprasst und gelebt haben wie die
Made im Speck“ (2)

Bei diesen Anmerkungen möchte ich es heute belassen. Es werden
ja noch 2 Wochen bis zum Ereignis so oder so beschrieben, gesendet und
betrachtet vergehen…

Ein Gruß

Klaus Horn.

 

(1)   Theodor Hoffmann „Das letzte Kommando“ Verlag
E.S.Mittler & Sohn GmbH

Berlin-Bonn-Herford; 1993 Seite 43 ISBN 3 8132 0420 0

(2)  und  auf den Seiten 82,83




52. #Es #gibt #in #Deutschland #weder #jetzt #noch #in #naher #Zukunft #einen #Fachkräftemangel!

 
 
 

 
 
 
Unsere 95 Thesen
 
 
--->>>
 
 
52. Es gibt in Deutschland weder jetzt noch in naher Zukunft einen
Fachkräftemangel!
 

Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 
 
494 Jahre nach dem
Thesenanschlag durch Martin Luther an der Wittenberger Schloßkirche wird am
Montag, den 31. Oktober 2011, die Interessengemeinschaft Contra Sozialabbau
Aschersleben-Staßfurt um 17.30 Uhr am Portal der Ascherslebener Stephanikirche
und an anderen öffentlichen Gebäuden 95 Thesen anbringen.
»Wir sehen uns dazu veranlaßt,
weil genau wie zu Luthers Zeiten das Gefüge unserer Gesellschaft in Unordnung
ist. Die Schere zwischen Oben und Unten, zwischen Reich und Arm klafft in nie da
gewesenem Ausmaß auseinander.
(…) Wir wollen mit unserem
Thesenanschlag ein Zeichen dafür setzen, dass es an der Zeit ist, Widerstand zu
leisten.« junge Welt dokumentiert die 95 Thesen.
 



Zur Vertiefung --->>> #Workfare ist #Warfare #gegen einen #Aufstand der #Armen - #Bürgerarbeit [via bag-plesa]

 
 

Bürgerarbeit

http://www.bag-plesa.de/texte/I.f.s.G.Wiesbaden_buergerarbeit-2010-08-11.htm

by. Rainer W. Monzheimer, I.f.s.G. e.V.,
Wiesbaden

&xnbsp;Inhalt aus Wikipedia

Bürgerarbeit
ist eine Bezeichnung für sehr unterschiedliche Konzepte zur Ausübung von
Tätigkeiten im öffentlichen Interesse, für die kein regulärer Arbeitsmarkt
besteht.

Der diesbezügliche Sprachgebrauch ist im einzelnen
uneinheitlich. Teilweise wird darunter eine freiwillige Tätigkeit verstanden,
teils aber auch die Zuweisung einer Maßnahme,
die im Falle der Weigerung des Betroffenen mit für ihn nachteiligen Sanktionen
bewehrt ist.

Im letzteren Fall handelt es sich um ein Konzept der sogenannten Workfare, das darauf abzielt, die Bezieher von
Leistungen zur Grundsicherung
für Arbeitsuchende
(vor 2005: Arbeitslosenhilfe und
Sozialhilfe) zu aktivieren
und in einer gemeinnützigen Arbeit auf kommunaler Ebene einzusetzen.

Konzept der
Bayerisch-Sächsischen Zukunftskommission 1996/1997

Das Konzept der Bürgerarbeit
geht ursprünglich auf die „Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern
und Sachsen“ zurück, die in den Jahren 1996 und 1997 unter dem Vorsitz von Meinhard Miegel einen
dreiteiligen Bericht vorlegte, der den Titel trug: „Erwerbstätigkeit und
Arbeitslosigkeit in Deutschland: Entwicklung, Ursachen, Maßnahmen".[1]

Die Kommission, der u.a. auch der Soziologe Ulrich
Beck
angehörte, definierte die Bürgerarbeit
als ein

„freiwilliges gesellschaftliches Engagement, das
projektgebunden (und damit zeitlich begrenzt) in kooperativen, selbstorganisierten Arbeitsformen unter der Regie eines
Gemeinwohl-Unternehmers autorisiert, abgestimmt mit dem (kommunalen) Ausschuß für Bürgerarbeit
ausgeschrieben, beraten und durchgeführt wird. Bürgerarbeit
wird nicht entlohnt, aber belohnt und zwar immateriell (durch Qualifikationen,
Ehrungen, die Anerkennung von Rentenansprüchen und Sozialzeiten, ‚Favor Credits‘ etc.). Materiell
erhalten diejenigen ein Bürgergeld, die hierauf existentiell angewiesen sind.
Die Maßstäbe sind die gleichen wie bei der Gewährung von Sozialhilfe; deshalb
können die erforderlichen Mittel aus den Haushalten der Sozialhilfe und
gegebenenfalls der Arbeitslosenhilfe entnommen werden. Jedoch, die Bezieher von
Bürgergeld sind – bei sonst gleichen Voraussetzungen – keine Empfänger von
Sozial- oder Arbeitslosenhilfe, da sie in Freiwilligen-Initiativen gemeinnützig
tätig sind. Auch stehen sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, wenn sie das
nicht wünschen. Sie sind keine Arbeitslosen.
[2]“

Es handelt sich demnach bei der Bürgerarbeit
um eine neue Form des Ehrenamts,[3]
das aber sozial anerkannt wird und das insbesondere auch eine Bezahlung in Form
eines Bürgergelds mit sich bringt,
welches höher bemessen ist als die damaligen Fürsorgeleistungen Sozialhilfe und
Arbeitslosenhilfe. Wesentlich ist, dass es sich dabei um eine freiwillige
Tätigkeit handeln soll, „jenseits der Erwerbsarbeit und jenseits der
Arbeitspflicht für Sozialhilfeempfänger“
.[2]

Einführung
der Grundsicherung für Arbeitsuchende 2005

Die vorstehenden Grundgedanken wurden dann bei der Neufassung des
Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilferechts im Zuge des sogenannten Hartz-Konzepts nicht mehr aufgegriffen. Das 2005 in
Kraft getretene Sozialgesetzbuch II
konzentriert sich in seiner Zielsetzung darauf, „erwerbsfähige
Hilfebedürftige bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit [zu]
unterstützen und den Lebensunterhalt [zu] sichern“
(§ 1 SGB II).
Der „Grundsatz des Forderns“ ist dort seitdem in § 2 SGB II
enthalten. Dort heißt es in § 2 Abs. 1 S. 3 SGB II: „Wenn
eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht
möglich ist, hat der erwerbsfähige Hilfebedürftige eine ihm angebotene zumutbare
Arbeitsgelegenheit zu übernehmen“.

Die Erbringung von Leistungen kann davon abhängig gemacht werden, dass der
Betroffene eine solche Tätigkeit aufnimmt, soweit sie ihm zumutbar ist.
Rechtsgrundlage für solche Arbeitsgelegenheiten
mit Mehraufwandsentschädigung
ist § 16d SGB II.
Sie sind umgangssprachlich als sogenannte
„Ein-Euro-Jobs“ bekanntgeworden. Die Ablehnung eines
solchen Tätigkeit durch den Betroffenen kann mit der Kürzung des Leistungen nach
§ 16d SGB II
sanktioniert werden, wenn es ihm zumutbar gewesen wäre, die Tätigkeit anzunehmen
und sie auszuüben.

Vornehmlich in Bayern, in Sachsen[4]
und in Sachsen-Anhalt wurden arbeitslose Hilfebedürftige zu einer sogenannten „Bürgerarbeit“
in öffentlichen Einrichtungen verpflichtet, deren Bezahlung durch die Kommunen
nur leicht oberhalb der Regelsätze zur Grundsicherung liegt.

Geplante
Bürgerarbeit
ab 2011

Die Bundesregierung hat zur Jahresmitte 2010 angekündigt, ab Januar 2011 eine
neue Form von Bürgerarbeit
einzuführen. Vorbild seien die Projekte in Sachsen-Anhalt. Dabei handele es sich
um „die konsequenteste Form des Förderns und Forderns“.[5][6]
160.000 Langzeitarbeitslose seien für das dreijährige Programm ausgewählt
worden. Sie würden in einer „mindestens sechsmonatigen ‚Aktivierungsphase‘“
„getestet“
.[5]
Wer danach noch nicht vermittelt worden sei, werde nach Maßgabe der Kommunen zu
einer gemeinnützigen Arbeit herangezogen (beispielsweise bei der
Seniorenbetreuung, bei Sportvereinen, bei der Arbeit in öffentlichen
Gartenanlagen). Dabei würden den Betroffenen für 30 Stunden Arbeit pro
Woche 1080 Euro gezahlt, bei 20 Wochenstunden seien es
720 Euro.[7]
In diesen Beträgen ist der Sozialversicherungsaufwand des Arbeitgebers
enthalten. Nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge verbleibe dem Betroffenen im Fall der 30-Stunden-Woche ein Entgelt von
900 Euro.[5]
An dem Programm seien etwa die Hälfte der Grundsicherungsträger
beteiligt.[7]
Die Mittel hierfür entstammten dem Bundeshaushalt (1,3 Milliarden Euro) und
dem Europäischen
Sozialfonds
(200 Mio. Euro pro Jahr).[7]
Dies reiche aus, um 34.000 „Bürgerarbeitsplätze“ zu finanzieren.[7]

Kritik

Das ursprüngliche Konzept der Bürgerarbeit
war vor allem wegen seiner resignativen Tendenzen kritisiert
worden: Einerseits werde am Ethos der Arbeitsgesellschaft festgehalten, indem
die Erwerbsarbeit als Norm und die Bürgerarbeit
als Ausnahme für diejenigen angesehen werde, die von der Erwerbsarbeit ausgeschlossen
seien. Andererseits würde es aber durch die Einführung der Bürgerarbeit
und des Bürgergeldes zu einer nicht wünschenswerten Bürokratisierung des
ehrenamtlichen Sektors kommen. Dem hielt Ulrich Beck entgegen, es gehe bei dem
Konzept gerade darum, sich von den hergebrachten Modellen zu lösen. An die
Stelle von bezahlter Arbeit trete seiner Auffassung nach nicht unbezahlte
Arbeit, sondern „Arbeit“. Das Bürgergeld solle nicht „nackt“
gezahlt werden, „sondern mit Angeboten der inklusiven Gesellschaft auf aktive
Mitwirkung“
verbunden sein.[8]

Die aktuell diskutierten Konzepte der Bürgerarbeit
als Workfare-Programm werden von allen
gesellschaftlichen Gruppen kritisch beurteilt. Auch von konservativer Seite wird
die Gefahr gesehen, hierdurch könnten reguläre Arbeitsplätze im öffentlichen
Dienst verdrängt werden.[9]
Die Erfahrung habe gezeigt, dass in Sachsen-Anhalt nur ein Zehntel der
Betroffenen anschließend eine reguläre Stelle gefunden hätten.[9]
Es bestehe die Gefahr, dass mehrere Millionen Euro an Steuergeldern damit
„verpulvert“ würden.[9]
Die Grünen
vermuten zudem, die nun vorgesehene Bürgerarbeit
ziele nur darauf ab, einen neuen Anlass zum Sanktionieren von Hartz-IV-Beziehern zu schaffen, um die Betroffenen so aus
dem Leistungsbezug zu drängen.[5]
Die Linkspartei bezeichnete das
vorgesehene Programm aus dem gleichen Grund als eine Erpressung von
Arbeitslosen.[5]
Der DGB wies
darauf hin, dass die angekündigten Einkünfte aus der Bürgerarbeit
in vielen Fällen nicht existenzsichernd sein werden,
so dass ergänzende Leistungen gewährt werden müssten.[5]

Siehe auch

Literatur

  • Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und
    Sachsen: Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland: Entwicklung,
    Ursachen, Maßnahmen.
    1996/1997. Teil I,
    Teil II,
    Teil III.
  • Ulrich Beck. Kapitalismus ohne
    Arbeit
    . In: DER SPIEGEL 20/1996, 140–146.

Weblinks

Nachweise


  1. Kommission
    für Zukunftsfragen Bayern–Sachsen
    . Bayerisches
    Landesportal. Abgerufen am 9. Juli 2010.
  2. a
    b
    Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen:
    Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland: Entwicklung,
    Ursachen, Maßnahmen.
    Teil III: Maßnahmen zur Verbesserung der
    Beschäftigungslage.
    S. 148f. (PDF,
    abgerufen am 9. Juli 2010). – Gliederungsbullets in Fließtext umgesetzt.

  3. Marcel Erlinghagen: Die
    sozialen Risiken „Neuer Ehrenamtlichkeit“. Zur Zukunft des Ehrenamtes am
    Beispiel der „
    Bürgerarbeit“.

    In: Aus Politik und Zeitgeschichte. (B 25-26/2001), S. 33–38.

  4. Dresden:
    Bürgerarbeit
    für Arbeitslose ab 1. April.
    de.wikinews.org, 20. Februar 2007.
  5. a
    b
    c
    d
    e
    f
    Von
    der Leyen stellt „
    Bürgerarbeit“
    vor.
    In: Spiegel Online. 9. Juli 2010.

  6. Kerstin Schwenn: Bürgerarbeit
    für Arbeitslose.
    In: FAZ.net 9. Juli 2010.
  7. a
    b
    c
    d
    Bürgerarbeit
    ist konsequentes Fördern und Fordern.
    Bundesarbeitsministerium.
    Pressemitteilung, 9. Juli 2010.

  8. Ulrich Beck. Kapitalismus ohne
    Arbeit
    . In: DER SPIEGEL 20/1996, 140ff., 144, 146.
  9. a
    b
    c
    Kerstin Schwenn: Kostspielige
    Bürgerarbeit.

    In: FAZ.net 9. Juli 2010.

 




"Über die Gewinne der Kapitaleigner wird nie diskutiert, die Erträge der Vermögenden sind tabu." [Ulrike Herrmann]

 
 
 

 
 
 
 
 
 

"Über die Gewinne der Kapitaleigner wird nie
diskutiert, die Erträge der Vermögenden sind tabu. (...)" (S. 96)
[Ulrike Herrmann - Hurra, wir dürfen zahlen
(2010)]
 
 

#Mittelschicht #soll #aufhören, #nach #oben #zu #buckeln + #nach #unten #zu #treten. Nur so gibt es MEHR GERECHTIGKEIT

 

 
 

 


 
Arno Luik – Verdammte Mitte
 
[via Nachdenkseiten]
 
 
 
 


Die Mittelschicht soll aufhören, nach oben zu buckeln und nach unten zu
treten. Nur so gibt es MEHR GERECHTIGKEIT
 

Sie waren keine Träumer, sie wollten
nicht das Paradies auf Erden, nicht die klassenlose Gesellschaft, aber was immer
sie auch politisch trennte, die 61 Väter und vier Mütter des Grundgesetzes
wollten 1949 eine soziale Republik. Sie wollten keine Republik mit obszönem
Reichtum „oben“ und elendiger Armut „unten“, sie wollten ganz gewiss nicht so
ein Land, wie es sich im Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts der
Bundesregierung präsentiert: in dem das oberste Hundertstel der Haushalte 25
Prozent des gesamten Volksvermögens besitzt, in dem die obersten zehn Prozent
über mehr als 53 Prozent des Nettovermögens verfügen – aber die Hälfte der
Bürger gerade einmal ein einziges Prozent des Gesamtbesitzes ihr Eigen nennen
kann.


Nein, solch ein Land wollten sie nicht, nicht so zerrissen, nicht so
gespalten. Sie benutzten damals Wörter, die heute kaum ein Sozialdemokrat,
kein
Christdemokrat, von den Grünen und FDP-Politikern ganz zu schweigen,
also kein Politiker jedenfalls, der in seiner Partei Karriere machen möchte,
noch zu benutzen wagt: Gemeinwohl. Wohlfahrtsstaat. Sozialstaat. Wohlstand für
alle – jahrzehntelang war das das Staatsziel aller Parteien, ein Leitbild nicht
nur für Sonntagsreden, es war keine Phrase, sondern Anleitung für politisches
Handeln, für die Gestaltung der sozialen Wirklichkeit.
 
Anmerkung unseres Lesers M.W.:
 
Ein guter Artikel für das Wahljahr 2013, den jeder Wähler vor seiner
Wahlentscheidung nochmals durchlesen sollte. Warum nur wählen so viele Millionen
von Bürgern die Parteien, die nichts oder kaum etwas für Ihre Wähler tun und
statt dessen die Interessen von Großunternehmen, Banken und Lobbyisten bedienen?
 
Luik räumt mit vielen Vorurteilen auf, zeigt die Versäumnisse der
Mittelschicht auf und erinnert auch die Wohlhabenen wieder an einen wesentlichen
Satz des GG von 1949: “Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll dem Wohle der
Allgemeinheit dienen.”


--->> #unmenschlichen #Praktiken #von #einem #breiten #Teil der #Bevölkerung #mitgetragen #werden

 

Von der Versklavung der
Menschheit und ihrer eigenständigen Befreiung

Von
 
[via
nachrichtenspiegel.de]
 
http://www.nachrichtenspiegel.de/2015/08/27/von-der-versklavung-der-menschheit-und-ihrer-eigenstaendigen-befreiung/
 
 
Es genügt
meines Erachtens nicht, nun für Ralph Boes und die vielen anderen von der
augenblicklich vielfach so menschenverachtenden Sozialgesetzgebung unterdrückten
Menschen nur auf die Barrikaden zu gehen, man muß sich schon auch fragen, wie es
eigentlich dazu kommen konnte, daß eine solche öffentlich durchgesetzte Barbarei
nun schon so lange größtenteils unwidersprochen stattfinden kann! – Der folgende
Aufsatz beleuchtet die gesellschaftlichen Hintergründe, die – bis heute –
entscheidend dazu beitragen, daß solche (wie auch unzählige andere)
unmenschlichen Praktiken noch immer von einem breiten Teil der Bevölkerung
mitgetragen – und oft auch noch – ganz entschieden befürwortet werden. Der
Aufsatz ist hier auf dem Nachrichtenspiegel vor wenigen Wochen schon einmal
erschienen; ich möchte ihn aber nun aus gegebenem Anlaß noch einmal als
Leserbrief veröffentlichen und bitte darum, sich von seiner Länge nicht
abschrecken zu lassen. Es ist wichtig und es lohnt sich, die Hintergründe der
momentan in vielen Teilen der Bevölkerung grassierenden Unmenschlichkeit zu
verstehen!

Über unseren Geist, unsere Seele, echte
Meinungsfreiheit
und ein wahrhaftiges Leben in echter
Verantwortungsbereitschaft

Seit die technischen Erfindungen begannen sich geradezu
explosionsartig zu vermehren, also seit mehr als einhundert Jahren, tritt auf
allen möglichen Gebieten etwas immer mehr in Erscheinung, was ich nur als eine
immer wieder aufs Neue kollektiv organisierte Engstirnigkeit bezeichnen kann,
nämlich eine auf die inzwischen unzähligen technischen Erfindungen immer wieder
geradezu fanatisch reagierende Hysterie, die andererseits aber auch – eine
zunehmende kollektive Blindheit für die zahllosen Gefahren in sich birgt, denen
die Menschheit seither in zunehmendem Maße ausgesetzt ist bzw. sich nahezu
widerspruchslos aussetzen läßt. Viele Websites, Fernsehsendungen, Radioessays,
Bücher usw. sind zwar längst voll und werden immer doch immer voller von den
Beschreibungen der vielfältig zunehmenden Gefahren, die inzwischen längst nicht
nur unsere Zivilisation selbst, sondern auch unseren gesamten Lebensraum
betreffen, aber – kaum etwas ändert, kaum etwas bessert sich bisher! Nein,
Vieles droht sich derzeit vielmehr noch weiter zu verschlechtern, zunehmend mehr
Menschen sind längst nun auch hier in den bislang  noch reichen westlichen
Ländern vom Abrutschen in buchstäbliche Armut bedroht, die Umweltverschmutzung
nimmt trotz vieler technischer Verbesserungen weiter drastisch zu, auch der
Krieg soll nun auch wieder einmal in Europas Osten der Ukraine „letztlich
unausweichlich“ sein und wird daher von vielen Medien auch längst schon als
„geradezu unvermeidbar diskutiert“.

Die Liste von eigentlich haarsträubenden
Ungeheuerlichkeit ließe sich noch lange fortsetzen, doch all dies wird von der
breiten Öffentlichkeit offensichtlich mit einer fatalistischen
Selbstverständlichkeit hingenommen, als handelte es sich dabei um unabweisbare
Naturgesetze, die sich immer wieder und wieder ereignen müssen. So
„zivililisiert“ sind die heutigen „Zivilisationen“ also, daß alle möglichen
Barbareien und auch die fortschreitende Selbstzerstörung in Sachen Umwelt
bereits als „unabwendbar“ und somit „alternativlos“ gelten, um hier einmal das
berühmte Wort der ebenfalls entsetzlich engstirnigen Maggie Thatcher zu
gebrauchen!!! Warnende Stimmen gab es dabei schon im vergangenen Jahrhundert
wahrlich oft genug; es gibt sie auch bis heute; doch – bis heute finden sie noch
immer – nur bei wenigen Menschen Gehör!
Aber – warum ist das so, warum
verhält sich nun der größte Teil der Weltbevölkerung bis heute so uneinsichtig,
daß man als klar denkender Mensch insbesondere im Westen längst völlig zurecht
von einer partiellen Massenverblödung sprechen kann?

Zwei Männer haben innerhalb der letzten hundert Jahre
ganz deutlich aufgezeigt, wie es bis heute immer wieder zu einem solchen
Verhängnis kommen konnte; der eine war Herbert Marcuse, der dies freilich
zumeist auf solch‘ abgehoben-intellektuelle Art und Weise tat, daß selbst viele
Intellektuelle oft ihre Mühe hatten/haben, ihm auf seinen abstrakten
Gedankengängen zu folgen (und das sogenannte „gemeine Volk“ daher weit außen vor
blieb), der andere war Albert Schweitzer, vom Volk zwar als großer Humanist und
Friedensnobelpreisträger gefeiert, aber offenbar kaum je richtig verstanden
wurde. Seine Ideen vom Leben, auch in seinen Büchern immer wieder auf auch für
einfache Menschen ganz klar und gut verständlich ausgedrückt, hätten – wenn
diese von vielen Menschen auch gelesen und verstanden worden wären – schon
längst sehr sehr Vieles an Leid mit verhindern können. So Vieles an gutem und
äußerst wertvollem Samen hat Schweitzer zum Beispiel in seinem Buch „Kultur
& Ethik“ verstreut, daß ich im Folgenden Einiges davon zitieren will,
damit endlich einmal klar wird, warum so viele gute Bemühungen um Frieden, um
Freiheit, um Gerechtigkeit und nicht zuletzt auch um echten Umweltschutz in
unserer Weltgemeinschaft bis heute so oft – auf taube Ohren, sprich‘ bornierte
Meinungen und schlimmer noch – auf verschlossene Herzen
stoßen:

„Politische, religiöse und wirtschaftliche
Gemeinschaften sind heute bestrebt, sich so zu gestalten, daß sie
größtmöglichste innere Geschlossenheit und damit den höchsten Grad von
Wirksamkeit erlangen. Verfassung, Disziplin und was sonst noch zum Technischen
gehört, werden auf eine früher unbekannte Vollkommenheit gebracht. Das Ziel wird
erreicht. Aber in dem selben Maße hören alle diese Kollektivitäten auf, sich als
lebendige Organismen zu betätigen und treten immer mehr in Analogie zu
vervollkommneten Maschinen. Ihr inneres Leben verliert an Reichtum und
Vielgestaltigkeit, weil die Persönlichkeiten in ihnen notwendig
verkümmern.


Unser ganzes geistiges Leben verläuft innerhalb von
Organisationen. Von Jugend auf wird der moderne Mensch so mit dem Gedanken der
Disziplin erfüllt, daß er sein Eigendasein verliert und nur noch im Geiste einer
Kollektivität zu denken vermag…“

Einige Zeilen weiter schreibt er dann: „Für sich und die
Anderen setzt der Einzelne voraus, daß mit der Nationalität, der Konfession, der
politischen Partei, dem Stande und der sonstigen Zugehörigkeit jedesmal so und
so viele Anschauungen in Voraus und und unbeeinflußbar feststehen. Sie gelten
als Tabu und sind nicht nur von aller Kritik, sondern auch von der Unterhaltung
ausgeschlossen. Dieses Verfahren, in dem wir uns gegenseitig die Qualität als
denkende Wesen absprechen, wird euphemistisch als Respekt vor der Überzeugung
bezeichnet, als ob es ohne Denken eine Überzeugung geben könnte.
In
einzigartiger Weise geht der moderne Mensch so in der Gesamtheit auf. Dies ist
vielleicht der charakteristischste Zug an seinem Wesen. Die herabgesetzt
Beschäftigung mit sich selbst macht ihn ohnehin schon in einer krankhaften Weise
für die Ansichten empfänglich, die durch die Gesellschaft und ihre Organe
(bereits) fertig in Umlauf gesetzt werden.“

Wieder ein paar Zeilen weiter schreibt Schweitzer dann
noch etwas deutlicher Folgendes über den modernen Menschen: “Die Gesamtheit
verfügt über ihn. Von ihr bezieht er als fertige Ware die Meinungen, von denen
er lebt, ob es sich nun um die nationalen und die politischen Gemeinschaften
oder die des Glaubens oder Unglaubens handelt. Seine abnorme Beeinflußbarkeit
kommt ihm nicht als Schwäche zu Bewußtsein. Er empfindet sie als Leistung. In
der unbegrenzten Hingabe an die Kollektivität meint er die Größe des modernen
Menschen zu bewähren. Mit Absicht steigert er die natürliche Geselligkeit ins
Gewaltsame. Weil wir so auf die Urrechte der Individualität verzichten, kann
unser Geschlecht keine neuen Gedanken hervorbringen oder vorhandene in
zweckmäßiger Weise erneuern, sondern es erlebt nur, wie die bereits geltenden
immer größere Autorität erlangen, sich immer einseitiger ausgestalten und sich
bis in die letzten und gefährlichsten Konsequenzen
ausleben.“

Wieder ein paar Zeilen weiter schreibt Schweitzer
schließlich: „Die Überorganisierung unserer öffentlichen Zustände läuft auf ein
Organisieren der Gedankenlosigkeit hinaus … – … Mit der eigenen Meinung gibt der
Mensch auch das sittliche Urteil auf. Um gut zu finden, was die Kollektivität in
Wort und Tat dafür ausgibt, und zu verurteilen, was sie für schlecht erklärt,
unterdrückt er die Bedenken, die in ihm aufsteigen …“

Wenige Zeilen weiter schreibt Schweitzer dann: „Unbewußt
schränken die meisten Angehörigen unserer kulturlosen Kulturstaaten ihr
Überlegen als sittliche Persönlichkeit ein, um mit dem Gemeinwesen nicht
fortwährend in innere Konflikte zu geraten und über immer neuer Anstöße
hinwegkommen zu müssen.
Die Gesamtmeinung ist ihnen dabei behilflich,
insofern sie ausstreut, die Handlungen des Gemeinwesens seien nicht so sehr nach
den Maßstäben der Sittlichkeit, als nach denen der Opportunität zu messen. Aber
sie leiden Schaden an ihrer Seele …“ (Zitatende)

Schweitzer liefert in diesem Buch noch so viele weitere
ebenfalls wertvolle Hinweise, daß ich hier nun nicht weiter auf all das eingehen
will, was er dort niedergeschrieben hat, sondern allen interessierten Lesern
einfach nur empfehlen will, sein Buch doch selbst im Ganzen zu lesen. – Hier an
dieser Stelle will ich vielmehr noch Folgendes sagen:

Schweitzer liefert gegen Ende seines Buches aber auch –
die Lösung für all die Probleme, die aus den oben geschilderten verhängnisvollen
Gesellschafts-Mechanismen (Sie lesen richtig: Mechanismen!) für die heute so
maschinell-mechanistisch orientierte Menschheit resultieren, denn er sagt mit
einem einzigen, ganz leicht verständlichen Satz:

„Ich bin Leben, das leben will; inmitten von Leben, das
(auch) leben will.“

Würde diese eigentlich ganz einfache, aber gleichzeitig
unendlich tief bzw. weit reichende Lebensweisheit von uns allen auch wirklich
gewürdigt und daher dann auch immer wieder aufs Neue im Alltagsleben angewandt
werden, gegenseitiger Respekt und somit Rücksichtnahme würden dann auf einmal
wieder zu ihrer eigentlich alles umfassenden und damit wahren Bedeutung gelangen
und unzählige Probleme der heutigen Zeit würden ohne viele Umstände – bald schon
der Vergangenheit angehören!

Aber, – wir können „natürlich“ auch noch einige Zeit
länger so weitermachen wie bisher, und uns nur als die Angehörigen von
irgendwelchen gesellschaftlichen Machtapparaten verstehen, die sich – seien sie
nun groß oder klein, staatlich oder privatgesellschaftlich organisiert
gegenseitig immer erbitterter, ja womöglich auch noch bis hin zur buchstäblichen
Vernichtung bekämpfen. Für diesen Fall wünsche ich dann allen daran Beteiligten
ein „fröhliches“ gegenseitiges Abschlachten, – ich selbst werde mich auch in
Zukunft an solch‘ barbarischem und letztlich schwachsinnig-verantwortungslosem
Handeln – mit Sicherheit nicht beteiligen.

Ein wichtiger Nachtrag:
Vielleicht wird durch diesen
Aufsatz hier nun einmal auch ganz deutlich, daß es nicht Egomanie ist, die mich
meine Aufsätze immer wieder in Ich-Form schreiben läßt, sondern vielmehr meine
persönliche Betroffenheit von all dem zeigen soll, sowie auch meine persönliche
Überzeugung für die ich immer auch geradestehe, und dies steht ganz im Gegensatz
zu den heute vielfach gebrauchten Redewendungen wie „man tut das nicht“ oder
„wir haben uns darauf geeinigt, daß man …“, die für mich oft als Leerformeln
gelten, weil das jeweilige Gegenüber dabei für mich nur allzu oft – gar nicht
mehr als eigenverantwortliches weil selbständig denkendes und handelndes
Individuum erkennbar ist, sondern sich vielmehr hinter den immer häufiger völlig
unreflekierten Regeln einer anonymen Masse zu verstecken scheint. – „Corporated
identity“ nennt man dieses Massenphänomen heutzutage auf
„neudeutsch“-beschönigende Weise; ich aber meine, daß dieser neumodische
bullshit und sein fortwährend gedankenloses Nachplappern letzten Endes auch
schon den Anfang von Ende der Menschheit bedeuten kann!
Ich mag solche
Versteck-“Spiele“ überhaupt nicht; sie sind für mich nur deutliche Anzeichen von
gesellschaftspolitischer (und somit nicht zuletzt auch demokratischer)
Drückerbergerei, was meines Erachtens somit ganz offensichtlich sowohl
menschlicher wie auch politischer Unreife und – gewissenloser
Verantwortungslosigkeit gleichkommt.
Die in unserer Gesellschaft nun so
weitverbreitete „Corporated-Identity“-Sichtweise scheint mir dabei auch längst
schon wie ein regelrechtes Gift, wie ein Virus zu wirken, der nun offenbar auch
in mich selbst schon soweit eingedrungen ist, daß ich nun mitunter auch schon
den Impuls verspüre, mich vor der Öffentlichkeit dafür „rechtfertigen zu
müssen“, weil ich es „wage“, entgegen den allgemeinen Gepflogenheiten ganz offen
in der Ich-Form meine eigene persönliche Meinung zu äußern; dabei ist ein
solcher Wunsch nach Rechtfertigung für mich eigentlich – ein vollkommen absurder
Gedanke!
Machen wir möglichst bald Schluß mit der falschen
„corporated-identity“-Sichtweise in ihren heute inzwischen geradezu unendlichen
Variationen, diesem insgesamt schon längst immer verlogener werdenden
Versteck-„Spiel“ und seinen spätestens am Ende auf deutlichste Weise so
mörderisch zusammenwirkenden Befehls-Ketten
(!&!&!&!&!) z. B. in den nun längst immer mehr
hochgerüsteten Armeen dieser Welt; – zeigen wir uns stattdessen lieber als die,
die wir in Wirklichkeit sind, nämlich als ganze, und somit allerorts und
jederzeit uneingeschränkt – auch auf unsere in geistig-seelischer Hinsicht
unversehrte Vollständigkeit beharrende FREIE & FRIEDLIEBENDE
MENSCHEN!

Ich rufe somit auch – nicht etwa zur Gewalt auf, sondern
sage – im Gegenteil vielmehr:
Zerbrechen wir endlich diese vielfachen,
letztlich längst so oft immer wieder nur zu neuer Barbarei führenden
Befehls-Ketten der Unmenschlichkeit, vor allem immer wieder gerade auch da, wo
wir sie – an uns selbst entdecken, denn – ein persönliches Gewissen und
persönliche Urteilskraft sind kein Luxus, den „man sich (angeblich) auch leisten
können muߓ, sondern Beides bildet zusammen einen außerordentlich wesentlichen,
wichtigen und – in Wahrheit obendrein grundsätzlich auch unverkäuflichen (!!!)
Teil des grundsätzlich freien Daseinsrechts eines jeden Menschen auf dieser
Welt!!!
Ich meine daher, daß es gut wäre, wenn alle Menschen – hierzulande
wie auch auf der gesamten Welt hierüber einmal – ganz bewußt gründlich
nachdenken und dann auch selbst – womöglich erstmals völlig frei – darüber
entscheiden würden.

49.2 Post Skriptum vom 30. Juni
2015:

Damit durch meinen Aufsatz oben keine Mißverständnisse
entstehen: Es gibt heute auch eine ganze Reihe von „Befehls“-Ketten, die
selbstverständlich Sinn machen und somit auch ihre Berechtigung haben; bei der
Feuerwehr beispielsweise, bei der medizinischen Versorgung im Krankenhaus und
auch sonst in allen möglichen Bereichen der Arbeitswelt ist ein gewisser Grad
von Organisation nicht nur „durchaus“, sondern sogar sehr sinnvoll (und
beispielsweise ein Bäckerlehrling ist auch gut beraten, wenn er auf seinen
Gesellen oder den Bäckermeister hört). Wogegen ich mich in meinem Aufsatz oben
wende, ist das blinde Befolgen jeglicher Anordnungen, sowie jegliche Art von
Bandenbildung, bei der sich heute – inzwischen oft auch im gewöhnlichen
Berufsleben (!!!) – Menschen nur des kurzsichtigen eigenen Gewinns wegen (gerade
auch Karrierechancen zählen hierzu) auf mehr oder weniger konspirative Weise
gegen Andere zusammenschließen. Solche Arten von Befehlsketten haben, da sie
längst immer mehr Mitglieder bzw. Nachahmer finden und die Bevölkerung immer
mehr schädigen, auf Dauer einen geradezu mörderischen, weil sich immer weiter
aufsummierenden Charakter, und – solche Ketten zu sprengen ist daher längst auch
ein Gebot – sowohl von Mitmenschlichkeit, als auch von
Klugheit!

(Die hier in diesem Aufsatz enthaltenen
Informationen gehören meiner Ansicht nach mit zum Wichtigsten, was ich bislang
zu meinem Thema Achtgeben & Achtsamkeit geschrieben habe und ich würde es
daher sehr begrüßen, wenn meine Leser möglichst viele ihrer Freunde, Bekannten
und Kollegen auf diesen letztlich meiner Meinung nach für alle Menschen so
wichtigen Text aufmerksam machen würden!)

Aufsatz von W. Oesters; – zeitkritische Website „achtgegeben.de“




16
Sep
2015

--->>> #Mini-Jobs. #Zahllose #reguläre #Arbeitsplätze #wurden in solche »Billigheimer« #umgewandelt.

 

Kirche und Arbeitswelt

»Gute Arbeit«

[via Gottes Wort im Kirchenjahr; Lesejahr
C; 2007; Heft 1; Echter Verlag]


Lesung:

Ex
5,1-4.19

Evangelium: Joh
10,11-18

Die Arbeitswelt von heute ist der Angstmacher der Nation. Das belegen seit
Jahren alle Umfragen. »Wo finde ich einen Ausbildungsplatz, und werde ich dann
auch übernommen?« fragen die Jungen. »Halte ich das noch durch bis zum Schluss?«
bangen die Älteren. Und Millionen von Arbeitslosen steht die nackte Angst im
Gesicht, ob sie überhaupt noch mal einen Happen Erwerbsarbeit erwischen.
Unbeschreiblich ist die Not der Arbeitslosigkeit.

Immer dramatischer aber wird auch die Not derer, die (noch) Arbeit haben.
Doch davon redet man nicht. »Hauptsache Arbeit!«, so lautet die Devise,
und man müsste ergänzen: »Frag nicht, welche ...« Die Menschen haben
keine Wahl, sie müssen nehmen, was kommt.

Fast 7 Millionen Frauen arbeiten in Mini-Jobs. Zahllose reguläre
Arbeitsplätze wurden in solche »Billigheimer« umgewandelt. Sie schaffen so gut
wie keine soziale Sicherung im Alter und in der Arbeitslosigkeit. Immer mehr
Arbeit wird als Leiharbeit organisiert. Im Durchschnitt verdient man dort
14% weniger als in der Stammbelegschaft. Dabei wird gerade schwere Arbeit,
Drecksarbeit, minderwertige Arbeit auf den Knochen dieser Leute abgeladen. Viele
werden in Scheinselbständigkeit hineingedrückt, füllen Regale, fahren
dicke LKWs, die man auf Pump überlassen hat, arbeiten als Putzhilfen - immer auf
eigene Rechnung und mit höchstem Risiko. Befristete Arbeit ist schon ganz
normal - bis zu zwei Jahren, ohne Begründung, ohne Kündigungsschutz.

Ein modernes Nomadentum macht sich breit: Wie einst Abraham mit seinen
Herden, ziehen die Menschen von heute der Arbeit nach. Hier ein Häppchen, dort
ein Häppchen und übermorgen arbeitslos. So kann man kein Leben und erst recht
keine Familie planen.

Das ist Arbeit in erbärmlichem Gewande. Sie erfüllt oft nicht einmal ihre
wichtigste Funktion, nämlich ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Fast
eine Million Menschen erreichen in Vollzeit-Arbeit nicht einmal mehr das
Existenzminimum und müssen sich noch staatlich auffüttern lassen. Ohne einen
gesetzlichen Mindestlohn wie in anderen europäischen Staaten stürzen bei uns die
Niedriglöhne im freien Fall.

Doch auch die ganz reguläre Arbeit, abgesichert über Tarifverträge, von
Betriebsräten überwacht, ist gewaltig unter Druck geraten.
Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich ist schon normal.
Unternehmensberaterfirmen fegen mit eisernen Besen durch die Hallen und lassen
noch die letzte Luft raus. Vor allem aber wird die Arbeitslast immer
unerträglicher. Arbeit rund um die Uhr, rund um den Globus. Arbeit ohne Maß.
Keine Zeit mehr für Familie, für Kultur, Kirche und Politik.

»Man bedrücke die Menschen mit Arbeit ...«

Neu ist das alles nicht: Über Arbeit wurden die Menschen immer schon in
Schach gehalten. Auch der ägyptische Pharao (Lesung) sah darin die
Wunderwaffe gegen sein aufmüpfiges Sklavenvolk Israel. Dem fehlte es nicht an
den vollen Fleischtöpfen, aber man hatte wohl erkannt: So, wie wir leben, ist
das kein Leben mehr. Auf, hinaus in die Wüste: Dort sieht man klarer, dort
blickt man durch, dort feiern wir ein Fest, dann werden wir einen neuen Weg für
uns erkennen. Der Pharao witterte die Gefahr: Wer feiert, der wird auch kämpfen
... Hatte bislang die »Arbeitsvorbereitung« Stroh als Hilfsmittel zum
Ziegelbrennen zur Verfügung gestellt, so wird nun diese Abteilung geschlossen.
Die Ziegelbrenner müssen selber erst hinaus auf die Äcker, um Stroh zu besorgen.
Am Abend aber ist die gleiche Stückzahl an Ziegeln abzuliefern.
Arbeitsverdichtung, Stellenabbau heißt das in unserer Sprache, und Ausbeutung
dazu.

Hier tut Erinnerung not: Der Gott der Juden, der auch unser Gott ist, lässt
so was nicht ungestraft durch. »Ich habe das Schreien meines Volkes gehört,
gehört habe ich seine Klage...«, spricht Gott. Und über Mose und Aaron wird die
Befreiung organisiert, die Befreiung aus der Sklaverei der Arbeit.

Diese Botschaft ist so aktuell wie nie! Arbeit darf nicht Angst machen, darf
nicht das Leben kosten. Wenn heute die einen durch die Überlast an Arbeit
zerbrechen, derweil den anderen die Arbeit aus der Hand geschlagen wird, ist das
eine neue Form der Arbeitssklaverei.

»Gute Arbeit« - Arbeit mit Recht und Würde

Die Befreiung aus dieser modernen Arbeitssklaverei kommt nicht über Nacht und
von alleine. Sie muss organisiert werden. Massenarbeitslosigkeit darf nicht dazu
führen, dass die Arbeit selbst verludert und ihr menschenwürdiges Gesicht
verliert.

Was aber ist »gute Arbeit«? Arbeit mit Recht und mit Würde. Hoch qualitative
Arbeit, die existenzsichernde Löhne garantiert. Arbeitsbedingungen, an denen die
Menschen nicht kaputt gehen. Arbeit, die Kreativität und Verantwortung weckt und
fördert. Kommunikative Arbeit, in der man sich als Mensch wahrnehmen kann. Und
natürlich: mitbestimmte Arbeit. Denn »Arbeit hat Vorrang gegenüber dem Kapital«,
heißt ein Leitsatz der Katholischen Soziallehre. Und: »Der »arbeitende Mensch
ist Subjekt im Wirtschaftsprozess«. Die Bibel selbst zeichnet ein hochwertiges
Bild der Arbeit im Sinne von »behüten, bebauen und bewahren« (vgl.


Gen 2,15). Sie
erliegt dabei keiner falschen Romantik, denn immer wird Arbeit auch mit Schweiß
und Mühsal verbunden bleiben. Aber sie ist auch eine Quelle der inneren
Bereicherung, des menschlichen Glücks. Arbeit gehört zum Menschsein.

Mit Feinschmeckerei hat das übrigens nichts zu tun. Denn »gute Arbeit« ist
gerade in Deutschland die pure ökonomische Notwendigkeit. Wir haben keine
anderen Reichtümer und Rohstoffe als das »Gold in der Köpfen«. Daher werden wir
eintreten müssen für eine qualifizierte und ausreichende Berufsbildung für alle.
»Gute Arbeit« hat Anspruch auf gute Bezahlung und verbriefte Rechte. An einem
Billiglohnsektor wird die Republik nicht genesen. Mit billigen, dreckigen Jobs
ist das Schicksal des Industriestandortes Deutschland besiegelt. Da liegt
bestimmt nicht unsere Zukunft.

Nachhaltige, lebensdienliche Arbeit

Jesus selbst hat immer wieder »gute Arbeit« in seinen Gleichnisreden
herangezogen, um mit ihrer Hilfe das Reich Gottes zu erschließen. Dabei ließ er
auch die verachtete Arbeit der Frauen nicht außer acht: harte Arbeit, bis über
die Ellbogen in den Sauerteig zu fassen und ihn zu kneten. Aber nur so wird die
schale Masse durchdrungen und durchsäuert. Das ist die Aufgabe der menschlichen
Arbeit: unser Leben zu durchwirken und schmackhaft zu machen und allen Brot und
Auskommen zu geben (vgl.

Mt
13,33-35
).

Oder im heutigen Evangelium: das liebenswürdige Bild vom »guten
Hirten«
. Arbeit, die dem Wohl der Herde dient. Sie wird gehegt, umsorgt und
gepflegt. Für sie ließe der Hirte gar sein Leben. Denn er ist kein »Mietling«,
kein gekaufter Hüte-Manager, der nur Renditen erzielen will. Sondern vielmehr
einer, der seine Herde liebt.

Mit den Früchten »guter Arbeit« werden wir nun Jesus, den »guten Hirten«,
feiern in unserer Mitte. In den Gaben Brot und Wein, Geschenk der Erde, aber
auch Ertrag unserer Arbeit, kommt er uns nahe, durchdringt und verändert uns.
Möge er, des Zimmermanns Sohn, uns befähigen, alle Menschen über Arbeit zu
beteiligen und »gute« Arbeit zu organisieren. Arbeit, die ein menschliches
Antlitz trägt und bewahrt, Arbeit, die uns wirklich Gott ähnlich
macht.

Paul Schobel




15. Nicht die Armen in der Welt leben über ihre Verhältnisse, sondern ihre reichen Ausbeuter! [Unsere 95. Thesen]

 
 

 
 

 
 
 
Unsere 95 Thesen
 
 
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15. Nicht die Armen in der
Welt leben über ihre Verhältnisse,
sondern ihre reichen
Ausbeuter!


 

Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 
 



steigenden Abwertungen d. als "nutzlos" + "ineffizient" deklarierten Gruppen, also Hartz-IV-Empfängern/Langzeitarbeitslosen

 


Gesellschaftlicher Vorrat an Gruppenbezogener

Menschenfeindlichkeit

 

• In der ökonomischen Sphäre scheint wei

terhin eine Mentalität bei
Besserverdienen
den vorzuherrschen, die von der
grundgesetzlichen Maxime, laut der Eigentum verpflichtet (etwa zur Verhinderung
sozialer Desintegration), wenig wissen will und der sozialen Spaltung so
Vorschub leistet. Zu den Kennzeichen des entsicherten Jahrzehnts gehören auch
die Krisenstadien wie Finanz-, Wirtschafts-, Fiskal- und jetzt
Schuldenkrise und ihre
Wahrnehmungen und Verarbeitungen durch die Menschen.

• In der politischen Sphäre gibt es mit der

Wahrnehmung einer
Demokratieentleerung,
also von Vertrauensverlusten und einem
Ge
fühl
der Machtlosigkeit, ernste Warnsignale, da die Anfälligkeit für
rechtspopulistische Mobilisierungen auffällig ist.

• In der sozialen Sphäre haben die Ökonomisierung des Sozialen
und die Statusun

sicherheit mit den
verschiedenen Desintegrationsängsten und -erfahrungen eine
Kernrelevanz für die steigenden Abwertungen der als „nutzlos" und
„ineffizient" deklarierten Gruppen, also von Hartz-IV-Empfängern und
Langzeitarbeitslosen.

• In der religiösen Sphäre ist das friedliche und vom Ideal der
Gleichwertigkeit ge

prägte Zusammenleben der
Menschen un
terschiedlichen Glaubens latent gefährdet. Immer
weniger „urdeutsche" Menschen wollen in Gebieten mit vielen Muslimen
le
ben.
Auch die verschiedenen Varianten des
Antisemitismus geben
Grund zur Sorge, wie beispielweise der israelbezogene Anti
semitismus.

• In der Sphäre der Lebensstile bleibt auch die Abwertung von Homosexuellen
oder Obdachlosen auf der gesellschaftlichen Ta

gesordnung.

 

[Aus Politik
und Zeitgeschichte - 18 / 19 - 2012 - Seite 25]

 




Wir #drangsalieren die Hartz IV Empfänger und #niemand #regt #sich #auf [via Nachdenkseiten]

 

… und niemand regt
sich auf

 
[via Nachdenkseiten]
 
 

Das war der Refrain in der Sendung
„Neues aus der Anstalt“ vom 25. Juni. Was Pelzig und Priol dort notierten und beklagten, begleitet uns schon
seit einiger Zeit und wird immer mehr zum Markenzeichen einer sterbenden
Demokratie. Wir werden überwacht, unsere so genannten Freunde spionieren uns
aus, sie betreiben sogar Wirtschaftsspionage und unser Spitzenpersonal
schwadroniert weiter von Freiheit und Sicherheit; wir sind mitten in einer neuen
Weltwirtschaftskrise, das so genannte
Sparen tötet, die Lage wird
geschönt, die Opfer drangsaliert, in Bayern wird ein Mensch zu Unrecht jahrelang
weggesperrt.

Ein Skandal nach dem anderen. – Und dann
zeigen Umfragen an, dass dies den Hauptverantwortlichen nicht schadet;
Sanktionen bleiben aus, statt Empörung Zustimmung; das Ansehen der
Mitverursacher des Unheils steigt sogar. Auch bei der kommenden Bundestagswahl
werden wir vermutlich ohne wirkliche politische Alternative
zu Frau Merkel
und ihren politischen Freunden dastehen
. – Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich niemand, jedenfalls
nicht ausreichend viele aufregen.

Was sind vermutlich die Gründe dieses
Siechtums demokratischen Lebens?

Albrecht Müller.

Diesen Einführungstext schrieb ich vor einigen Tagen.
Inzwischen hat sich wenigstens einer richtig aufgeregt und auch den Nagel auf
den Kopf getroffen: Jakob Augstein in seiner Kolumne
bei Spiegel Online
In Sachen NSA-Spionage lasse Merkel die Deutschen im
Stich; sie habe ihren Amtseid gebrochen, mit dem sie geschworen hat, Schaden vom
deutschen Volk abzuwenden. Sie habe zunächst wochenlang zum größten
Spionageskandal der Geschichte geschwiegen und dann auch nichts Kritisches zum
Vorgehen der USA und ihrer Geheimdienste gesagt. Damit lasse Merkel zu, dass
unsere Rechte massenhaft verletzt werden und uns geschadet wird.

Wir werden sehen, ob dieser Aufschrei und die Kritik einiger anderer
Kolleginnen und Kollegen in Publizistik und Politik das Ansehen von
Bundeskanzlerin und Bundesregierung wenigstens ein bisschen beeinträchtigt. Ich
fürchte, auch diese fundamentale Kritik wird verhallen. Deshalb der folgende
Versuch zu erläutern, warum die Sanktionen gegen die vielen Skandale und das
vielfältige Versagen ausbleiben.

Zunächst noch ein paar Schlaglichter auf die Skandale und das
Versagen:

Die NachDenkSeiten berichten ständig über die Zumutungen, denen wir
ausgesetzt sind. Sie brauchen eigentlich nur von Beitrag zu Beitrag und von
Hinweis zu Hinweis zurück zu scrollen, um eine ziemlich umfassende Übersicht zu
bekommen. Ich beschränke mich deshalb hier auf ein paar aktuelle Hinweise:

  • Wir stecken in einer zweiten Weltwirtschaftskrise, bei uns noch nicht so
    schlimm wie in anderen Ländern, aber schlimmer als öffentlich bekundet
  • Dass die so genannte Austeritätspolitik weder Sparerfolge noch die
    wirtschaftliche Erholung und mehr Beschäftigung zeitigt, liegt offen zu Tage
    und dennoch drängen die Verantwortlichen auf die Fortsetzung dieser falschen
    Politik mit Sparversuchen und den so genannten Strukturreformen.
  • Wir zwingen andere Völker zum Ausverkauf ihres Volksvermögens –
    rücksichtslos und unsolidarisch.
  • Wir werben ihre gut ausgebildete Jugend ab, die politisch Verantwortlichen
    bekunden offen ihre Genugtuung über die Schnäppchen
  • Wir drangsalieren die Hartz IV Empfänger. Siehe z.B. hier. http://www.nachdenkseiten.de/?p=17638
  • Der Rentenbeitrag soll abgesenkt werden, obwohl die Altersarmut steigt und
    inzwischen klar ist: die Gesetzliche Rente ist die einzige seriöse
    Altersvorsorge und es ist sinnvoll und dringend notwendig, sie wieder
    leistungsfähiger zu machen.
  • Kliniken werden privatisiert, obwohl klar geworden ist: die Jagd nach
    Renditen schadet den Patienten. Siehe hier.
  • Gustl Mollaths Leiden – alleine schon ein Skandal, der zu bundesweiter
    nachhaltiger Empörung führen müsste.
  • Stuttgart 21 wird weiter gebaut, obwohl selbst der Betreiber, die Deutsche
    Bahn AG, das Projekt für unrentabel hält
  • Überall wird gespart, aber für das Wahnsinnsprojekt „Stadtschloss Berlin“
    ist Geld da.
  • Kriege, militärische Interventionen, Waffenlieferungen werden als
    unabdingbar dargestellt und vollzogen. Sie dienen oft nur der innenpolitischen
    Stabilisierung der handelnden Politiker.
  • Die Bundeswehr wirbt bei jungen Leuten mit dem militärischen Einsatz „zur
    Sicherung der Seewege“ – ein klein erscheinender Skandal, der helle Empörung
    verlangen würde.

Diese Liste könnte leider leicht um einiges verlängert werden.

Warum bleiben die Sanktionen gegen die politisch Verantwortlichen von
der Union aus? Es sind mehrere Gründe:

  1. Die Opposition ist über weite Strecken ausgefallen: Sie
    macht mit Ausnahme der Linkspartei die Reform- und die so genannte Sparpolitik
    mit, sie hat keine eindeutige Position zur Fortsetzung der Militär-Politik und
    auch ihre Reaktion auf die gigantischen Überwachungsmaßnahmen der USA und
    Großbritanniens war zunächst zögerlich und gespalten. Die grundsätzliche
    Debatte über die ideologische und gesellschaftspolitische Linie wird von SPD
    und Grünen nicht geführt. Lafontaines Formulierung, wir hätten es in weiten
    Bereichen der Politik mit einer Einheitspartei mit vier Flügeln zu tun, trifft
    den Kern.
  2. Der Ausfall der Medien als kontrollierender Instanz. Es
    gibt immer wieder erfreuliche Medienereignisse wie der Kommentar von Jakob
    Augstein oder der Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 6. Juli „Wenn sparen
    tötet“. Aber die große Mehrheit der Medien einschließlich der
    öffentlich-rechtlichen Sender hat ihre Pluralität eingebüßt. Die wenigen
    kritischen Berichte und Kommentare dienen de facto eher der Erhöhung der
    Glaubwürdigkeit des massenhaften Restes an Beschönigung und Lobhudelei für die
    amtierende Kanzlerin. Die Union hat bei den öffentlich-rechtlichen Sendern
    einen nahezu kompletten schwarzen Putz gemacht. Die Mehrheit der Talkshows,
    Heute und das Heute Journal, Tagesschau und Tagesthemen und viele andere
    Formate sind nahezu komplett in den Händen der gängigen Mehrheitsideologie und
    ihrer Vertreterin in Berlin. Ergänzend: Arbeitgeber und ihre so genannten
    Institute wie das IW mit seinem Direktor Hüther kommen ständig zur Sprache,
    Gewerkschaften und die Arbeitnehmer selten. Auch das prägt.

    Merkel und ihre Leute haben verinnerlicht, wie wichtig die Herrschaft über
    die Meinungsmache ist und sie handeln darnach.

  3. Die Union und die Wirtschaft haben wichtige Einrichtungen
    besetzt.
    Die Bundesanstalt für Arbeit war in ihrer Führung meist
    paritätisch besetzt und stark von den Arbeitnehmerorganisationen geprägt – bis
    zur Umwandlung in eine Arbeitsagentur. Jetzt prägt so genannter
    unternehmerische Geist die dortige Arbeit und die Sprache: Arbeitsagentur,
    Jobcenter usw. Die ökonomische Wissenschaft ist mit wenigen Ausnahmen
    gleichgeschaltet. Bei der Bundesbank gab es schon immer eine konservative
    Vorherrschaft. Sie ist gefestigt und auf die EZB übertragen worden. Usw.
  4. Der Ausfall des kritischen Bürgertums. Intellektuelle muss man mit
    der Lupe suchen.
    Die Wissenschaft ist über weite Strecken, jedenfalls
    im gesellschaftspolitischen und wirtschaftspolitischen Bereich, von Interessen
    beeinflusst. Auch solche Bürgerinnen und Bürger, die sich für intelligent und
    gebildet halten, fallen auf die üblichen Kampagnen der Lobby und der dienenden
    Medien herein. Ein kleines Beispiel: Am 1. Juli erschien eine Pressemitteilung
    des Wissenschaftszentrums Berlin mit der Überschrift „Elite:
    Demographischer Wandel ist die größte Herausforderung
    “. Darin wird
    berichtet, 60 % der Spitzenführungskräfte in Deutschland hielten den
    demographischen Wandel für die dringlichste gesellschaftliche Herausforderung.
    Diese Fehleinschätzung zeigt, dass auch die Meinung der gut ausgebildeten
    Spitzenkräfte oft nur der Abklatsch der gemachten herrschenden Meinung ist.
    Auf den NachDenkSeiten haben wir immer wieder belegt, dass der demographische
    Wandel kein echtes Problem darstellt, jedenfalls ohne große Schwierigkeiten zu
    bewältigen ist.
  5. Mit dem Wissen wächst der Zweifel. Ohne Wissen wird das kritische
    Bürgertum unkritisch.
    Der zuvor beschriebene Niedergang der
    intellektuellen, kritischen Fähigkeit der gut ausgebildeten Menschen hat nach
    meiner Einschätzung auch etwas damit zu tun, dass die inhaltliche und
    programmatische Diskussion zu gesellschaftlichen und politischen Fragen enorm
    gelitten hat. Das fängt bei den Parteien an. Wo gibt es denn in den
    Ortsvereinen der SPD oder der Grünen noch wirklich fundierte inhaltliche
    Debatten? Wir sind weit hinter den Zeiten der Friedensbewegung zurück.
    Fundierte Steuerreform-Diskussionen finden fast nirgendwo statt. Historische
    Kenntnisse so zum Beispiel über die letzte Weltwirtschaftskrise werden wohl
    nicht mehr vermittelt. Andernfalls würden doch halbwegs historisch gebildete
    Menschen sich den Wahnsinn nicht gefallen lassen, mit der gleichen
    Brüning’schen Politik wiederum an den Abgrund geführt zu werden.
  6. Der Werteverlust, insbesondere Erosion von Solidarität und
    Empathie.
    Die deutsche Politik und die deutsche Öffentlichkeit haben
    einmal den Griechen und den Portugiesen und den Spaniern dabei geholfen, ihre
    Diktatoren loszuwerden. Heute freuen wir uns darüber, wenn diese Völker ihre
    gut ausgebildeten jungen Leute an uns „loswerden“. Der dabei erkennbare
    Egoismus, der von Offiziellen in Deutschland offen ausgelebt wird, ist der
    Beleg für einen beachtlichen Wertewandel. Nicht Mitgefühl ist hoffähig,
    übelster Egoismus hat Hochkonjunktur. Stellen Sie sich vor, der amtierende
    Bundeskanzler würde wie am 12. Oktober 1972 den heißen Teil des Wahlkampfes
    mit der Werbung für mehr „Compassion“, für mehr Mitleiden und Anteilnahme,
    eröffnen. Man würde ihn in die Klapsmühle schicken. Damals war er erfolgreich,
    weil die Mehrheit etwas von Solidarität hielt. Jetzt liegen 30-40 Jahre
    Propaganda für die große Bedeutung des wirtschaftlichen Wohlergehens und des
    Egoismus hinter uns. Jeder ist seines Glückes Schmied!
  7. Die wirtschaftlichen Sorgen. Die Distanz zur Solidarität
    und zu solidarischem Handeln kommt nicht von ungefähr. Die seit über 30 Jahren
    grassierende Arbeitslosigkeit entmutigt die Mehrheit der Menschen. Man kann es
    ihnen wirklich nicht übel nehmen, dass auch für sie gilt: Erst das Fressen
    dann die Moral. – Insofern muss man heute feststellen, dass der Aufbau einer
    Reservearmee von Arbeitslosen nicht nur die Löhne gedrückt und die Profite
    nach oben hat schnellen lassen, sondern auch die Bereitschaft zu solidarischem
    und zu ökologisch vernünftigem Handeln hat schrumpfen lassen.

Das waren einige Ursachen für das Ausbleiben von Sanktionen auf Skandale und
Versagen. Vermutlich gibt es ein paar mehr.

Was bleibt angesichts dessen zu tun – ist die berechtigte Anschlussfrage.




Die #Bruchlinie teilt die Menschen in "Leistungserbringer_innen" und in "Minderleister_innen".

 

 
Untersuchungsbericht
vorgelegt: Bürgerarbeit – Teil der großen Umverteilung?

 
[via
harald-thome.de]


Wolfgang Richter und Irina
Vellay zeigen auf der Basis ihrer empirischen Untersuchung der Bürgerarbeit in
der Stadt Dortmund: “Das Feld der Programmbeschäftigung hat sich im Zuge der
Untersuchung als hoch umkämpfte strategische Schlüsselauseinandersetzung für die
Gestaltung der Arbeitswelt von morgen und der sozialen Verfasstheit der
Gesellschaft herauskristallisiert.
 
Die Bruchlinie teilt die Menschen in
„Leistungserbringer/innen“ und in „Minderleister/innen“.
 
Damit wird ein weiter Rahmen aufgemacht, um das Problem der
„Überflüssigkeit“ gesellschaftlich zu bearbeiten.
 
Die Anstrengung gilt einer Optimierung der Belegschaften als
aktivem Arbeitskräftepotenzial, in dem alle „Minderleister“ ausgemerzt sind.
 
Erwerbstätige Leistungserbringer/ innen werden erwerbstätigen
und arbeitslosen Minderleister/innen hierarchisch gegenübergestellt“.
 
 


16. Ein reicher Staat, in dem über 2,5 Millionen Kinder in Armut leben müssen, ist kein gerechter Staat!

 
 

 

 
Unsere 95
Thesen
 
 
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16. Ein reicher Staat,
 in dem über 2,5 Millionen
Kinder in Armut leben müssen,
ist kein gerechter
Staat!

Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 

Es sind nicht mehr d. Unternehmer, #stattdessen #beuten #angeblich d. #Armen #Mittelschicht #aus.

 
 

 
 

Es sind nicht mehr die Unternehmer,
die ihre Angestellten ausbeuten – stattdessen beuten angeblich die Armen die
Mittelschicht aus“ (S.158).

 

 

Ulrike Herrmann: Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der
Mittelschicht.
Westend Verlag, Fankfurt/Main, 2010. 223 Seiten. 16.95 Euro




-->> Es wird gern über Fachkräftemangel geklagt. Wer ihn sucht, stellt allerdings fest: #Es #gibt #ihn #gar #nicht

 
 
 

Die Fata Morgana

In Unternehmen und Verbänden wird gern über den
Fachkräftemangel geklagt.

Wer ihn sucht, stellt allerdings fest: Es gibt
ihn gar nicht.

[via brand
eins]

http://www.brandeins.de/archiv/magazin/sinn/artikel/die-fata-morgana.html

- Stünde Axel Haitzer wirklich kurz vor
dem Abitur, wäre er frustriert. 250 Unternehmen hat er angeschrieben, und zwar
nur solche, die jedes Jahr mindestens drei junge Menschen ausbilden und das im
Netz und in Zeitungen inserieren. Er stehe kurz vor der Fachhochschulreife, hieß
es in seinem Schreiben. Nun frage er sich, wie es weitergehen solle. Ein
Studium? Kombiniert mit einer Ausbildung? Oder eine normale Lehre?

"Bitte geben Sie mir nähere
Informationen, welche Perspektiven mir Ihr Unternehmen bieten kann. Informieren
Sie mich bitte insbesondere, warum ich gerade bei Ihnen ins Berufsleben starten
sollte. Was zeichnet Ihr Unternehmen als Ausbildungsbetrieb besonders
aus?"

Immerhin sechs von zehn Unternehmen
antworteten, per Mail oder per Brief - in zwei Fällen allerdings nur mit dem
Vermerk, dass der Ansprechpartner aus der aktuellen Stellenanzeige "nicht mehr
im Unternehmen tätig" sei. Aber auch die wenigen, die sich zu einer
ausführlicheren Antwort aufrafften, hatten den Brief offenbar nicht gelesen.
Eine Firma dankte dem Absender für seine Bewerbung, obwohl er sich gar nicht
beworben hatte. Eine andere informierte ihn unnötigerweise darüber, dass die
Ausbildungsplätze vergeben seien. Gern verwies man auf die Web-Seiten und teilte
mit, individuelle Fragen aus Kapazitätsgründen nicht beantworten zu
können.

Nur wenige Personaler tappten nicht in
die Standardantwortfalle, dafür formulierten sie ihren Standpunkt recht
deutlich: Man gehe von der möglicherweise altmodischen Vorstellung aus, dass
sich die Bewerber beim Unternehmen zu bewerben hätten, formulierte einer spitz.
Und der Personalchef eines bekannten börsennotierten Unternehmens setzte seine
Unterschrift unter den Satz: "Für uns ist es schwierig zu sagen, warum Sie einer
unserer Auszubildenden werden sollten, die Entscheidung liegt bei
Ihnen."

Axel Haitzer steht nicht kurz vor der
Reifeprüfung. Die hat er bereits 1983 abgelegt. Er ist 52 und Berater. Er hilft
Unternehmen dabei, Fachkräfte zu finden und an sich zu binden. Gerade hat er das
Buch "Bewerbermagnet" veröffentlicht und mit der Testanfrage Personaler auf die
Probe gestellt. Mit seiner Agentur Quergeist ist er einer der Dienstleister, die
sich um eines der vermeintlich dringendsten Probleme der deutschen Wirtschaft
kümmern: den Fachkräftemangel.

Haitzer nennt ihn ein "modernes
Märchen". Und erzählt Anekdoten wie die von dem Unternehmen, das in seiner
Stellenanzeige immerhin eine Telefonnummer angibt. Wer sie wählt, wird von einer
Stimme vom Band begrüßt: "Wenn Sie eine Frage zu Ihrer Gehaltsabrechnung haben,
drücken Sie die 'Eins'. Wenn es um Reisespesen geht, drücken Sie bitte die
'Zwei'..." Wer lange genug durchhält, kann sich am Ende der Ansage immerhin für
ein persönliches Gespräch entscheiden.

Nach Haitzers eigenen Erhebungen aus den
ersten vier Monaten dieses Jahres war fast in jeder dritten Stellenanzeige in
der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und in jeder zweiten in der "Süddeutschen
Zeitung" erst gar kein persönlicher Ansprechpartner für die Bewerber
genannt.

Wer sich so wenig Mühe gibt, den kann
der Mangel gar nicht so sehr bedrohen. "Es gibt wohl kaum einen Unternehmer, der
sich hinstellen würde und von einem Kundenmangel spräche", sagt Haitzer. Und
schon gar keiner käme auf die Idee, von Politikern, Industrie-, Handels- und
Handwerkskammern oder Berufsverbänden zu fordern: "Bringt uns Kunden!" Dabei
seien auch Fachkräfte genau wie Kunden eine knappe Ressource, und es sei Aufgabe
der Unternehmen, die Versorgung mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern
zu sichern.

Das klingt einleuchtend. Was aber ist
mit den vielen Studien, die die beständigen Klagen von Unternehmen und Verbänden
unterfüttern, das Wachstum werde von einem Mangel an qualifiziertem Personal
gebremst? Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass der Begriff
"Fachkraft" dort häufig schwammig definiert ist, dass der angebliche Mangel je
nach Branche, Region und untersuchtem Zeitraum sehr variiert. Und dass hinter
dramatischen Daten oft nicht einmal eine repräsentative Umfrage
steht.

"Meines Wissens gibt es keine einzige
empirisch fundierte Untersuchung, die belegt, wo wir aus welchen Gründen in
welchem Maß unter Fachkräftemangel leiden", sagt Joachim Sauer. Er ist Präsident
des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) und im Hauptberuf
Personalgeschäftsführer und Arbeitsdirektor von Airbus. Studien, die die Zahl
der Tage erheben, die es dauert, um eine Stelle neu zu besetzen, kommentiert er
mit: "Da sollte man sich mal die Frage stellen, ob man möglicherweise
unzureichend rekrutiert - dieser Indikator überzeugt mich nicht."

Jedenfalls nicht, findet Sauer, solange
es mehr Arbeitslose gibt als offene Stellen und das Potenzial an nicht
erwerbstätigen Frauen - mehr als 600 000 Alleinerziehende leben von ALG II -
brachliegt. Und: "Selbst wenn es in einzelnen Regionen oder Branchen
Personalengpässe gibt, könnten die Unternehmer kreativ darauf
reagieren."

Auch Karl Brenke glaubt nicht an den
Fachkräftemangel. Der Ökonom und Soziologe arbeitet am Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und provoziert ganz gern. Und so nahm er
die Aufregung sportlich, die entstand, als er Ende vergangenen Jahres einer
seiner Untersuchungen den Namen "Fata Morgana Fachkräftemangel" geben wollte -
sein damaliger Chef Klaus Zimmermann das aber verhinderte. Der warnte nämlich
selbst eindringlich vor dieser Schimäre.

Brenke erklärt in seinem kleinen,
vollgestopften Büro im repräsentativen DIW-Gebäude, wie schwierig es ist, dem
Fachkräftemangel wissenschaftlich zu Leibe zu rücken. Eine typische Studie, die
das Phänomen bei Ingenieuren belegen soll, funktioniert so: Die bei den
Arbeitsagenturen registrierten offenen Stellen werden mit sieben multipliziert,
weil Unternehmen längst nicht alle vakanten Positionen melden. Dem stellt man
die Zahl der Arbeitslosen gegenüber. Ergebnis: Es klafft eine eklatante Lücke
zwischen Angebot und Nachfrage.

"Doch der Arbeitsmarkt funktioniert
völlig anders", sagt Brenke. Volkswirtschaftlich betrachtet, gebe es eine
bestimmte veränderliche Zahl an Beschäftigten. Abhängig zum Beispiel vom
"Ersatzbedarf" - wenn Menschen in Rente oder Elternzeit gehen. Oder vom
"Expansionsbedarf" - wenn Unternehmen in einer Wachstumsphase zusätzliches
Personal brauchen. Dem steht das nicht ausgeschöpfte Potenzial gegenüber:
Arbeitslose, Berufsanfänger, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben.
Außerdem die stille Reserve: Frauen, die nach der Elternzeit wieder arbeiten
wollen, oder Menschen, die nicht in ihrem erlernten Beruf tätig
sind.

Merkwürdig: Viele reden über das
Problem. Aber kaum einer tut was dagegen

Daten für ein solch differenziertes Bild
sind nicht leicht zu ermitteln. Für Ingenieure - die Berufsgruppe, die beim
Thema Fachkräftemangel zuerst genannt wird - hat Brenke das getan. Und dabei
keinen Engpass feststellen können. Ein Indiz, das seine These stützt: Wenn ein
Gut knapp ist, steigt normalerweise sein Preis. Doch nominal sind die Gehälter
der Ingenieure in den vergangenen Jahren kaum gestiegen, berücksichtigt man die
Kaufkraft, sogar teilweise gesunken.

Den demografischen Wandel bezweifelt
Brenke nicht: Zwischen 2001 und 2009 ist die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter
um 1,6 Millionen Menschen geschrumpft. Doch gleichzeitig ist die Zahl der
Erwerbspersonen - also derjenigen, die einen Job haben oder einen suchen - um
etwa eine Million Menschen gestiegen. Wie kann das sein?

Die Erwerbsneigung der Frauen unter 55
hat sich deutlich verstärkt, und bei den über 55-Jährigen nimmt sie bei beiden
Geschlechtern zu. Schreibt man beide Entwicklungen fort, sinkt die Zahl der
Arbeitskräfte bis 2020 um eine Million, bis 2030 um vier Millionen Menschen.
"Damit kann eine Gesellschaft umgehen", sagt Brenke. "Das ist doch das Komische
an der Debatte, dass sie dem Kapitalismus immer unterstellt, er sei ein starres
System. Dabei kann er flexibel auf Knappheiten reagieren."

So könnte die übertriebene Angst vor dem
Mangel paradoxerweise dazu führen, dass er nie eintritt. Allerdings hat das
Lamento auch handfeste Gründe: Ein Personalverantwortlicher eines deutschen
Großkonzerns formuliert es sehr deutlich, auch wenn er dann doch lieber nicht
namentlich genannt werden will: "Es ist eine ideologische Debatte, die das
Arbeitgeberlager nutzt, um die Zuwanderungsdebatte in Gang zu halten und über
das Angebot an Arbeitskräften die Höhe der Löhne und Gehälter zu beeinflussen."
Joachim Sauer vom Bundesverband der Personalmanager drückt es so aus: "Wenn wir
einen Fachkräftemangel hätten - was ich bezweifle -, dann frage ich mich doch:
Was wird denn dagegen getan?"

Fakt ist: Die deutsche Wirtschaft war in
den vergangenen 20 Jahren verwöhnt, musste kaum über Personalmarketing,
Weiterbildung ihrer Belegschaften, lebenslanges Lernen und altersgerechte
Arbeitsplätze sowie flexible Arbeitszeitmodelle nachdenken. Es gab mehr als
genug Nachwuchs, die Bewerber kämpften um die besten Jobs. Nun müssen manche
Unternehmen um die besten Bewerber konkurrieren.

Das Cover des "Human Resources Manager",
das Fachmagazin des BPM, zierte im Sommer ein Schreiben mit dem Betreff: "Keine
Bewerbung als Konstruktionsingenieur". Ein imaginärer Peter M. Schmidt sagt
damit einem Unternehmen auf dessen Inserat hin ab. Seine Gründe: Laut
Bewertungsplattformen im Internet sei die Unternehmenskultur "ausbaufähig", die
Firma biete keine flexiblen Arbeitszeitmodelle, und außerdem vermisse er eine
Vertrautheit mit Social Media, dem Internet überhaupt. "Sollten Sie Ihre
Defizite in der Zukunft abstellen, können Sie mich gern
kontaktieren."

"Die Bewerberfluten der Vergangenheit
sind Geschichte - gerade was Talente in den nachgefragten technischen Bereichen
anbetrifft", sagt Sascha Armutat von der Deutschen Gesellschaft für
Personalführung e. V. (DGFP). Und in vielen Unternehmen sei man sich dieser
Tatsache auch bewusst. Denn die Firmen hätten großen Einfluss darauf, wie knapp
die Ressource Arbeit wirklich werde - indem sie Fachkräfte anwerbe, sie ausbilde
oder diejenigen reaktiviere, die bereits altersbedingt ausgeschieden seien oder
eine familienbedingte Auszeit genommen hätten. Auch sei es in manchen
Berufsgruppen denkbar, Arbeitskräfte zwischen Unternehmen, bei denen es boome,
und anderen, die gerade nicht so viel zu tun hätten, auszutauschen.

"Die Lösung liegt in einer
ganzheitlichen betrieblichen Strategie gegen den Fachkräftemangel, die die
Attraktivität des Arbeitgebers bei der neuen Generationen steigert, die
Potenziale bisher unbeachteter Bewerbermärkte nutzt und die Employability
älterer Arbeitnehmer im Fokus behält", sagt Armutat. Er glaubt, dass in den
Firmen ein Umdenken begonnen hat, auch "wenn viele Unternehmen konzeptionell
weiter sind als bei der Umsetzung". Die Personalerbranche, die gern mit
Anglizismen wie "Employer Branding", "War for Talents" und "High Potentials" um
sich wirft, hat auch dafür schon einen geprägt: "Talk Action Gap."

Bemerkenswert ist: Am meisten stöhnen
diejenigen Unternehmen über den Fachkräftemangel, die sich bislang am wenigsten
um ihre wichtigste Ressource gekümmert haben.

Rudolf Kast hat nie gejammert.
Anderthalb Jahrzehnte vorbildliche Personalarbeit bei der Schwarzwälder Sick AG
trugen dem Unternehmen etliche Preise und ihm selbst das Bundesverdienstkreuz
ein. Fast jeder fünfte Mitarbeiter der Firma ist inzwischen älter als 50, und
Kast achtete darauf, dass diese Altersgruppe stets so groß war wie die Gruppe
der 20- bis 30-Jährigen. Die Verpflichtung jedes Mitarbeiters zu lebenslangem
Lernen hat er im Firmenleitbild festgeschrieben.

In einer Berufsgruppe herrscht
tatsächlich fachlicher Mangel: bei den Personalern

Zeitwertkonten, Weiterbildung,
Unterstützung bei der Suche nach Kinderbetreuung - all das ist bei Sick
selbstverständlich. Kast findet all das, was er in Waldkirch etabliert hat,
nicht außergewöhnlich, sondern einfach nur vernünftig.

Mittlerweile hat er sich mit der
Personalmanufaktur selbstständig gemacht. Er malt ein differenziertes Bild der
Praxis. Er weiß, dass die Auszubildenden zunächst nicht Mangelware sein werden,
weil das acht- und neunjährigeAbitur gerade dazu führt, dass zwei Jahrgänge die
Schule abschließen. Außerdem fällt noch die Wehrpflicht weg: "Ich rate, auf
Vorrat einzustellen."

Doch bereits heute sei es nicht einfach,
bestimmte Spezialisten in bestimmte Regionen zu locken. Kast glaubt nicht, dass
die meisten Unternehmen kreativ genug in ihrer Personalarbeit sind. Bei den
Mittelständlern fehle es an Konzepten. Bei den großen Unternehmen gebe es die
zwar, aber die Prozesse dort seien zu bürokratisch und unbeweglich.

Fest steht für ihn: "Die Politik kann da
gar nicht viel machen, die Wirtschaft muss selbst aktiv werden." Und seine
Kollegen in den Betrieben nimmt er in Schutz: "Viele Personaler sind operativ zu
bis über beide Ohren. In der Krise wurde dann noch mal gespart, da hieß es:
Wofür brauchen wir so viele Leute im Personalbereich?"

Fachkräftemangel also in der
Personalabteilung?

Diese Beobachtung hat auch der
Testbriefschreiber Axel Haitzer gemacht: Die Mitarbeiter dort hätten "die
administrativen Themen sehr gut drauf. Und natürlich muss die Gehaltsabrechnung
oder die Meldung zur Krankenkasse stimmen. Aber das sind typischerweise Leute,
die nicht gern kommunizieren." -





--->>> Unsere 95 Thesen --->>> 61. Schwerter zu Pflugscharen!!!

 

 
Unsere 95
Thesen
 
 
--->>>
 
 
61. Schwerter zu
Pflugscharen!!!

Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 

3. Im #Kapitalismus geht alle #Macht von den #Privatbesitzern der Produk­tionsmittel und nicht vom Volke aus!

 

 

 
Unsere 95
Thesen
 
 
--->>>
 
 
3. Im Kapitalismus geht
alle Macht
von den Privatbesitzern
der Produk­tionsmittel
und nicht vom Volke
aus!


Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 

93. »Freiheit« im #Kapitalismus #besitzen #nur die #Besitzer des #Kapitals! [Unsere 95.Thesen]

 
 

 

 
Unsere 95
Thesen
 
 
--->>>
 
 
93. »Freiheit« im Kapitalismus besitzen nur die Besitzer des
Kapitals!




Unsere 95 Thesen

 
[via Junge Welt]
 

--->>> #Geplanter #Verschleiß #als #organisierter #Betrug [via Nachde4nkseiten]

Geplanter Verschleiß als organisierter
Betrug

[via Nachdenkseiten]
 
 

Ob Drucker, Mobiltelefon oder Fernseher –
bereits kurz nach Ablauf der Garantie sind viele Geräte reif für den Müll. Eine
Reparatur lohnt sich nicht oder ist gar nicht erst möglich. Kalkuliert sorgen
die Hersteller dafür, dass ihre Produkte frühzeitig kaputtgehen, damit wir
Verbraucher mehr konsumieren.

Sinnlose Müllberge und ein enormer
Ressourcenverbrauch sind die Folge.
 

Jens Wernicke sprach mit Christian Kreiß,
der seit Langem zum Thema forscht und publiziert.

Herr Kreiß, das Thema „Geplante Obsoleszenz“
geistert immer wieder einmal durch die Medien, dennoch wissen wir viel zu wenig
hiervon. Sie sind Autor eines der wichtigsten
Bücher
zum Thema. Um was geht es bei dieser „Obsoleszenz“?

Es geht darum, dass Hersteller verdeckt die ökonomische Haltbarkeit von
Produkten verkürzen, so dass wir als Kunden vorzeitige Ersatzkäufe machen
müssen. Das ist ein sehr effektives Absatzinstrument und eine Spielart der
verdeckten Produktverschlechterung.

Wenn wir Kunden ein Produkt kaufen, erwerben wir im Normalfall die Nutzung
des Gutes für eine bestimmte Zeit. Gelingt es dem Hersteller, die Haltbarkeit
des Produktes zu verkürzen, ohne dass der Preis entsprechend gesenkt wird,
steigt der Preis pro Nutzung. So eine verdeckte Preiserhöhung hat für den
Hersteller den großen Vorteil, dass wir Kunden sie normalerweise nicht so leicht
erkennen, weil es oft Jahre dauert, bis man es merkt.

Verstehe ich recht: Die Verbraucher werden also … raffiniert
behumst?

Ja, betrogen, mittels eines ganz legalen Betrugssystems. Seit ungefähr 90
Jahren bekommen wir beispielsweise minderwertige Glühbirnchen, werden seit drei
Generationen also mit schlechter Qualität über den Tisch gezogen. Denn 1926
beschlossen alle namhaften Glühbirnenhersteller in einem internationalen Kartell
in Genf, die Lebensdauer der Glühbirnen ungefähr zu halbieren. Das hat über ein
internes Kontroll- uns Strafensystem auch perfekt funktioniert und funktioniert
auch heute noch. Die Vorgehensweise dazu kann man in den Akten nachlesen, das
ist ganz offen bewiesen. Und dieses System wird auf ganz vielen Gebieten bis
heute angewandt.

Früher hat man ganz anders darüber gesprochen. Zum Beispiel sagte ein
führender Manager des großen US-Autobauers General Motors in den 20er Jahren:
„Our big job is to hasten obsolescence“, unsere große Aufgabe ist die Verkürzung
der Lebensdauer. Und bei General Electric hieß es in den 30er Jahren zur
heimlichen Reduzierung der Produktlebensdauer etwa: „We are giving no publicity
whatever to the fact“. Na logisch, wer wirbt schon mit: „Neu, unser neuestes
Produkt hält jetzt kürzer!“ ?
Also die Strategie war ganz klar: Machen, aber
ja nicht darüber reden, das würde den Umsatz killen. Einer der führenden
US-Entwicklungsingenieure, Brooks Stevens, sagte schon 1958: „Our whole economy
is based on planned obsolescence“. Das Betrugssystem ist also alt, etabliert und
funktioniert bis heute einwandfrei.

Und wie müssen wir uns das genau vorstellen? Können Sie bitte
beschreiben, wie derlei organisiert wird?

Ganz einfach. Angenommen im Markt für elektrische Rasierapparate gibt es zwei
große Anbieter. Anbieter A hat die Idee, bei einer neuen Modellreihe billigeres
Material zu verwenden, zum Beispiel Plastik statt Stahl. Das bringt ihm zwei
Vorteile: 1. Kosteneinsparungen durch die billigeren Materialien: Dadurch gehen
die Gewinne hoch. 2. Die Lebensdauer verkürzt sich um vielleicht ein Zehntel,
also vielleicht um ein Jahr – das merkt kein Mann: oder wissen Sie noch, wann
Sie Ihren Rasierer gekauft haben? – und wir Männer müssen uns früher einen
Ersatzrasierer anschaffen. Dadurch geht der Umsatz hoch und die Gewinne steigen
nochmal.

Ein Zahlenbeispiel dazu: Angenommen, ein elektrischer Rasierer kostet 100
Euro und hat eine Laufzeit von 2.000 Rasuren, dann kostet einmal rasieren 5
Cent. Wird die Laufzeit um 20 Prozent auf 1.600 Rasuren reduziert, dann steigt
der Preis für einmal rasieren um satte 25 Prozent auf 6,25 Cent. Bei
gleichbleibenden oder gar sinkenden Herstellkosten bedeutet das einen riesigen
Anstieg der Gewinne. Das ist ein gigantischer Anreiz für Hersteller.

Konkurrent B sieht den Erfolg von Anbieter A und macht dasselbe. So wird das
Spiel und werden dessen Regeln zum Normalfall und jeder konkurriert mit jedem um
das beste Mitspiel-Ergebnis. Für uns bedeutet das, dass über viele Jahre hin die
Lebensdauer der Produkte ständig leicht abnimmt, sodass sie sich zum Beispiel
über einen Zeitraum von 20 Jahren halbiert.

Ja, aber auf sowas Primitives fallen die Kunden doch nicht herein –
die wandern doch sofort ab zur Konkurrenz!

Es funktioniert natürlich nur, wenn wir Kunden es nicht merken, genauer: wenn
wir nicht gescheit vergleichen können.

Stellen wir uns mal vor, wir wollen einen Staubsauger in einem großen
Elektromarkt einkaufen. Wir schauen sie uns an und fragen uns, ob auf den
Staubsaugern draufsteht:

  1. Wie lange halte ich?
  2. Kann man mich reparieren (bin ich verklebt oder verschraubt)?
  3. Gibt es für mich nach 3 Jahren noch Ersatzteile?
  4. Was kosten meine Ersatzteile?
  5. Was kostet meine Reparatur in 3 Jahren?

Das müssten wir nämlich alles wissen, damit wir herausbekommen, was
eigentlich eine Stunde staubsaugen tatsächlich kosten wird – wie hoch also die
so genannten Total Costs of Ownership sind. Und nur wenn wir den Preis
pro Nutzung wissen, können wir uns überhaupt vernünftig entscheiden und ggf. zur
Konkurrenz abwandern. Wir wissen es aber nicht – und vom Konkurrenten wissen wir
es genauso wenig. Der schreibt es ja auch nicht drauf. Und wo das Wasser so
trübe ist, funktioniert die Strategie der verdeckten Preiserhöhung durch
verdeckte Produktverkürzung eben wunderbar; weil wir Kunden ja sozusagen wehrlos
dagegen sind.

Können Sie denn belegen, dass das irgendwer macht? Ein Beispiel, ein
nachweisbares, wäre gut…

Na, nichts leichter als das. Schrauben Sie mal einen Laserdrucker auf und
sehen sich den Toner bzw. den eingebauten Chip an. Der signalisiert zum Beispiel
nach 2.500 Druckseiten „Toner leer“ und druckt daher nicht weiter. Stimmt aber
gar nicht. Der Toner hat dann oft noch Saft für weitere 2.500 oder 5.000 Seiten.
Man braucht nur den Chip neu zu programmieren, schon findet ein kleines
Druckwunder statt. Zufall?

Oder versuchen Sie mal den Akku aus einer elektrischen Zahnbürste oder so
manchem anderen Elektrogerät auszubauen, wenn er seinen Geist aufgegeben hat.
Gerät funktioniert noch tadellos, da der Akku aber in aller Regel nicht
austauschbar ist, liegt ein Totalschaden vor. Dummer Zufall? Zufällig wirken
alle diese Phänomene immer zugunsten der Gewinne der Hersteller und zulasten der
Geldbeutel der Verbraucher.

Eine kleine Anekdote hierzu auch noch: Auf einer wissenschaftlichen Tagung zu
geplanter Obsoleszenz, auf der ich anwesend war, wurde der Vertreter der
Stiftung Warentest gefragt, ob denn Stiftung Warentest diesen Vorwürfen mit den
Chips nachgehe und einfach einmal Drucker aufschraube und nachsehe. Die Antwort
war sinngemäß: Solchen unhaltbaren Gerüchten würde man aus Prinzip nicht
nachgehen. Man hat also nichts aufgeschraubt. Dabei sind diese sogenannten
Gerüchte hundertfach belegt, auch durch Reparatur-Profis. Merkwürdig. Und das
von sogenannten Verbraucherschützern…

Und um was für Produkte geht es dabei?

Hauptsächlich um Haushalts-Elektroprodukte wie Kühlschränke, Bügeleisen,
Glühbirnen oder Fernseher. Aber auch andere Produkte wie Kleidung, Möbel oder
Schuhe sind davon betroffen. Ein Beispiel: Wenn Sie ein Sofa kaufen: Wissen Sie,
wie viele Sitzstunden das hält? Oder bei einem Paar Schuhe? Oder beim Kauf einer
Hose? Und solange wir das nicht wissen, ist es für den Hersteller im
Zweifelsfall klüger, ein kürzer haltendes, billiger herzustellendes Produkt
anzubieten. Der Hersteller darf natürlich nicht so dumm oder dreist sein, dass
er sich durch Kurzlebigkeit von der Konkurrenz abhebt. Dann wird er durch
Kundenabwanderung bestraft. Aber solange er diesen Fehler nicht macht, ist es
eine lohnende Strategie.

Geben Sie doch bitte noch ein wenig „Butter zu die Fische“… Hat man
Hersteller schon bei derlei „ertappt“? Was ist in Summe bekannt und nachweisbar?
Gibt es Beispiele von verschiedenen Geräten, bei denen die Problematik besonders
deutlich wird?

Das Problem ist: Die Absicht kann man dem Hersteller nie nachweisen,
nur die Ergebnisse ihres Tuns. Und sie behaupten natürlich stets, wenn es einmal
zum Thema kommt, dass alles eben keine Absicht sei; das müssen sie
auch, denn sonst würden sie verknackt.

Zusätzlich zu den Glühbirnen und Druckern mit den eingebauten Chips, zu nicht
auswechselbaren Akkus und horrend teuren oder sogar verunmöglichten Reparaturen
gibt es als Beispiel vor allem noch die geplante und gemachte „Inkompatibilität“
unter Produkten, wie sie etwa Wolfgang Heckl, der Chef des Deutschen Museums,
humorvoll in seinem Buch „Die Kultur der Reparatur“ skizziert. Geplante
Inkompatibilität heißt, dass nachfolgende Produktgenerationen nicht mit den
vorherigen zusammenpassen, dass zum Beispiel die Bauteile der neuen Produkte
nicht zum Reparieren der alten verwendet werden können – mit Absicht laut
Heckel.

Und erwähnenswert in diesem Kontext ist auch noch die Resolution der 140
deutschen Repair-Cafés vom 11. Oktober 2014 in München, in der es heißt:
„Geplanter Verschleiß ist kein Mythos. Bei  jeder Reparatur-Aktion
entdecken wir Schwachstellen an elektrischen und  elektronischen Geräten,
ebenso an Gehäusen, die nicht oder nur sehr schwer zu öffnen sind.“ Damit ist
gemeint, dass gewollt falsch dimensionierte beziehungsweise fehlplatzierte Eletrolytkondensatoren
für schätzungsweise zwei Drittel aller Bildschirmausfälle verantwortlich sind.
Eine Tatsache, die zigfach nachgewiesen worden ist.

Die Debatte zum Thema wird ja wirklich heiß geführt und Kritiken wie
der Ihren dabei ein Denken in „Verschwörungstheorien“ testiert – ein Stigma,
nachdem weiteres Argumentieren in aller Regel gar nicht mehr lohnt, da man
sozusagen als Spinner diskreditiert worden ist. So
bezeichnete etwa
Andreas Hirstein in der NZZ „geplante Obsoleszenz im Sinne einer gezielten
Produkte-Selbstzerstörung zur Ankurbelung des Konsums“ als moderne Legende. Er
argumentiert, dass Hersteller eine Abwägung zwischen Lebensdauer und Preis auf
der einen sowie Zahlungsbereitschaft der Kunden auf der anderen Seite treffen
müssten. Und auch eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes kam zu dem
Schluss, dass derlei Probleme … nun ja, eigentlich nicht
wirklich vorhanden
seien.

Das stimmt leider. Marktgläubige Menschen wie Andreas Hirstein gehen dabei
implizit von transparenten Märkten aus, die es in Wirklichkeit jedoch kaum
jemals gibt. Eliminiert man diese Voraussetzung aber – was die Realität de facto
deutlich besser beschreibt -, bricht auch schon die ganze Argumentation in sich
zusammen – genau wie die des führenden wissenschaftlichen Referenzartikels zu
geplanter Obsoleszenz von Jeremy Bulow aus dem Jahre 1986: Eine völlig
weltfremde Theorie mit völlig falschen Ergebnissen, die jedoch ständig zitiert
wird und dazu führt, dass man geplanten Verschleiß als „Legende“ und also
Märchen abstempelt. Sehr praktisch für die Gewinnlage der Großkonzerne.

Zur Studie des Umweltbundesamtes nur soviel: Ich kann Ihnen gern einmal ein
paar Zitate aus der 104 Seiten umfassenden Studie vom Februar 2015 vorlesen, die
man eben auch ganz anders zu lesen vermag als dies üblicherweise geschieht: „Das
Durchschnittsalter ‚kaputter Geräte‘ beträgt in den Jahren 2012/113 12,5 Jahre,
in den Jahren 2004 und 2008 lag dies noch bei 13,9 bzw. 13,5 Jahren.“ Oder:
„Außerdem kann der Tabelle 8 entnommen werden, dass alle Haushaltsgroßgeräte (…)
in 2012/13 etwas früher aufgrund eines Defektes (…) getauscht werden mussten als
im Jahre 2004.“ Und noch eindeutiger: „Zwischen 2004 und 2012 stieg der Anteil
der Haushaltsgroßgeräte, die nach weniger als 5 Jahren aufgrund eines Defektes
ausgetauscht werden mussten, von 3,5 Prozent auf 8,3 Prozent der
Gesamtersatzkäufe“. Das zeigt doch deutlich, dass die Qualität von Neugeräten
deutlich gesunken ist: Statt 3,5 Prozent wie 2004 gehen acht Jahre später
bereits mehr als doppelt so viele in den ersten 5 Jahren kaputt. Qualitätsoase
Deutschland? Made in Germany? Ein Witz.

Wer genau gewinnt eigentlich durch geplante Obsoleszenz?

Durch gezielte, verdeckte Verkürzung der Produktlebenszeit steigen, wie oben
erwähnt, die Konzerngewinne und damit die Rendite auf das eingesetzte Kapital.
Nutznießer sind deshalb vor allem die Aktionäre der Großunternehmen. Das
Eigentum an Unternehmen ist sehr ungleich verteilt. So sind beispielsweise nur
10 Prozent der deutschen Bevölkerung im Besitz von Betriebsvermögen, nur etwa
11 Prozent der deutschen Haushalte besitzen Aktien. Dabei ist die
Eigentumskonzentration an der Spitze besonders stark. So kontrollieren in
Deutschland laut dem Historiker Wehler 7700 Haushalte, das sind 0,02 Prozent
aller deutschen Haushalte, über die Hälfte des deutschen Betriebsvermögens.
Ähnlich ungleiche Verteilungsverhältnisse finden sich in fast allen anderen
Ländern der Erde.

Die Vertriebsstrategie „Geplante Obsoleszenz“ könnte man daher als eine
Besteuerung aller Verbraucher zu Gunsten der kleinen Schicht der
Kapitaleigentümer von Großunternehmen ansehen, das erhebliche Kollateralschäden
für die Umwelt bewirkt. Ein absurdes, aber sehr stabiles System.

Und was tun wir als Verbraucher nun am besten? Was raten
Sie?

Nicht nur auf den Preis schauen, weniger „Geiz ist geil“-Mentalität, sich auf
Internet-Portalen und in Fachzeitschriften informieren. Aber gute Infos über die
tatsächlichen Nutzungskosten pro Einheit gibt es fast nirgends.

Und: Jeder von uns hat im Durchschnitt an die 10.000 Produkte zu Hause. Da
können wir uns fragen: Brauche ich die wirklich? Man könnte etwa sinnieren über
dem Satz: „Wo kann ich auf Unnötiges verzichten?“ Wenn man das lange Zeit über
macht, kann langsam eine neue Kultur im Umgang mit den uns anvertrauten Dingen
entstehen. Das wäre wunderbar.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

 

Christian Kreiß, Jahrgang 1962, studierte
Volkswirtschaftslehre und promovierte in München über die Große Depression 1929
bis 1932. Nach neun Jahren Berufstätigkeit als Bankier in verschiedenen
Geschäftsbanken, davon sieben Jahre als Investment Banker, unterrichtet er seit
2002 als Professor an der Hochschule Aalen Finanzierung und Wirtschaftspolitik.
Er ist Autor dreier Bücher und zahlreicher Veröffentlichungen.

 

Weiterlesen:

Psychische Tätigkeit und objektive Realität --->>> Das Problem der Erkenntnis

 
 

Sein und Bewusstsein [Teil
12]
 
von Sergej L. Rubinstein,
bereitgestellt von Reinhold Schramm
 
[via
scharf-links.de]
 
 
 

Psychische Tätigkeit und objektive Realität

Das Problem der Erkenntnis

4. Der Erkenntnisprozess.

Die Wahrnehmung als sinnliche Erkenntnis der
äußeren Welt

Der wechselseitige Zusammenhang der Daten des Gesichts- und
des Tastsinns beruht darauf, dass die Gesichts- und die Tastempfindungen
wenigstens teilweise ein und dieselben Eigenschaften (Form, Größe usw.)
des Gegenstandes in verschiedenen Modalitäten widerspiegeln. Sehen und Tasten
sind also keine isolierten Sphären (Modalitäten) der Sinnlichkeit: sie haben
ihre gemeinsame Grundlage in den Eigenschaften des Gegenstandes, den sie
widerspiegeln. Das System der zwischen den Analysatoren bestehenden Verbindungen
hängt primär von den Gegenständen ab, die widergespiegelt werden. Dagegen hängt
die Widerspiegelung des Gegenstandes sekundär vom System der Verbindungen ab,
die sich auf Grund der vorausgegangenen Erfahrungen gebildet haben. Deshalb kann
man die Tätigkeit der Analysatoren nur dann richtig verstehen, wenn man von der
Notwendigkeit ausgeht, die sie gesetzmäßig hervorgebracht hat, nämlich von der
Notwendigkeit, die Welt wiederzuspiegeln, um in ihr leben und handeln zu können.
Nur dann wird auch die biologische Rolle und die erkenntnistheoretische
Bedeutung der Analysatoren verständlich.

Die neurodynamische Grundlage für das Abbild des Gegenstandes
ist ein System kortikaler Verbindungen, in dem die verschiedenen Analysatoren
miteinander verknüpft sind. Das optische Bild eines Dinges enthält auch
Tastqualitäten, weil dem Wahrnehmen zentrale kortikale Verbindungen zugrunde
liegen, die nicht innerhalb eines Analysators, sondern auch zwischen den
verschiedenen Analysatoren entstehen. Grundlage der optischen Wahrnehmung ist
nicht das Netzhautbild an und für sich; dieses ist lediglich der Ausgangspunkt
für die Entstehung einer optischen Wahrnehmung. Die „retinale“, das heißt
peripherische Psychologie des Sehens sowie aller anderen Sinnestätigkeiten ist
zusammengebrochen [89].

Zum System der kortikalen Verbindungen, welche die
neurodynamische Grundlage für das sinnliche Bild des Gegenstandes sind, gehören
nicht nur die vorhandenen Erregungen, sondern auch Erregungsspuren – das
Resultat früherer Erfahrung. Schon A. A. Uchtomski schrieb: „Bei der optischen
Rezeption der Gegenstände lässt sich der Mensch keineswegs nur von der optischen
Struktur leiten, die in jedem Auge entsteht, sondern vor allem von der
Projektion des Netzhautbildes auf die Großhirnrinde und von den Verbindungen,
die bei dessen Formung in das kortikale Bild eingehen, und zwar von der
gleichzeitigen Rezeption des Gehörs, des vestibularen, taktilen und
propriorezeptiven Apparates. Das fertige optische Bild ist die Frucht
vielfältiger praktischer Korrelation und Kontrolle
[90].“ Da die optische
Wahrnehmung eines Gegenstandes nicht einfach eine subjektive Modifikation des
Sehens, der optischen Sensibilität, sondern eine Wahrnehmung des Gegenstandes
ist, nimmt sie gesetzmäßig nicht nur das in sich auf und schließt es zu einem
einheitlichen Gebilde zusammen, was speziell und ausschließlich das Sehen als
Form der Sensibilität kennzeichnet, sondern den wahrnehmenden
Gegenstand. Das optische Abbild eines Gegenstandes ist nicht das
Ergebnis der Tätigkeit des optischen Rezeptors allein, sondern auch das der
menschlichen Erfahrung und Praxis.

Für die wirklichkeitsadäquate Wahrnehmung spielt die
sogenannte Wahrnehmungskonstanz eine wesentliche Rolle. Die Größen-,
Formkonstanz usw. besteht darin, dass wir die tatsächliche Größe, Form usw. des
Gegenstandes, seiner wirklichen Größe, Form usw. entsprechend, als beständig
wahrnehmen, und zwar in bestimmten Grenzen unabhängig von den Veränderungen der
Wahrnehmungsbedingungen (Entfernung, Gesichtswinkel), obwohl sich das
Netzhautbild dabei verändert. Diese Formulierung zeigt, weshalb die
Tatsache der Konstanz zu einem Problem wird. Die
Wahrnehmungskonstanz wird zu einem Problem, das eigentlich unlösbar ist, wenn
wir das Abbild des Gegenstandes unmittelbar auf das periphere
(Netzhaut-)Bild
beziehen. Wenn sich die Entfernung der Gegenstände vom Auge
und der Gesichtswinkel, unter dem sie betrachtet werden, verändern, so verändert
sich auch die Projektion des Gegenstandes auf der Netzhaut. Deshalb kann die
peripherische Theorie nicht erklären, wie eine beständige (konstante)
Wahrnehmung der wirklichen Größe und Form des Gegenstandes zustande kommt.

Das Konstanzproblem kann nur gelöst werden, wenn man die
Konzeption der „Analysatoren“ zugrunde legt, nach welcher der periphere
Rezeptor, die Leitungsbahnen und das entsprechende zentrale Feld als einheitlich
funktionierendes Ganzes aufgefasst werden. [91].

Die alte Auffassung versuchte, dieses Problem mit Hilfe einer
merkwürdigen Zweifaktorentheorie zu lösen, nach der die Empfindung (als Ergebnis
peripherer rezeptorischer Tätigkeit) „akonstant“ ist: Sie verändert sich mit
jeder Veränderung der Netzhautprojektion und entspricht nicht der wirklichen
Größe und Form des wahrgenommenen Gegenstandes. Dieses „akonstante“ Bild wird
dann durch zentrale Faktoren korrigiert, „transformiert“ u. ä., die nicht mehr
sensorischer, sondern bereits intellektueller Natur sind und sich mit den
peripheren vereinigen. Einem solchen, eigentlich „klassischen“ Standpunkt
begegnet man bereits bei Helmholtz. In diesen oder jenen Varianten ist er bis
heute erhalten geblieben. Er hängt organisch mit der dualistischen
Zweifaktentheorie der Wahrnehmung zusammen, nach der die Wahrnehmung das Produkt
zweier verschiedenartiger Faktoren ist, des peripheren und des zentralen, des
sensorischen und des intellektuellen. Mit der dualistischen Wahrnehmungstheorie
fällt auch ihre „Erklärung“ der Konstanz.

Entgegen den Versuchen, die Konstanz ausschließlich auf den
äußeren Eingriff intellektueller Faktoren zurückzuführen [92], ist zu sagen,
dass die Konstanz eine der Wirklichkeit entsprechende Wahrnehmung der räumlichen
und anderer (sensorischer) Eigenschaften des Gegenstandes ist und primär durch
die Organisation des sensorischen Prozesses der Wahrnehmung bedingt ist. Zum
besseren Verständnis dieser Tatsache ist zu bedenken, dass, wie wir bereits
bemerkt haben, das sinnliche Abbild des Gegenstandes als Ergebnis einer
komplizierten kortikalen Tätigkeit entsteht und das Produkt vielfältiger
Verbindungen mit den Rezeptoren anderer Apparate (des taktilen, des
propriorezeptiven u. a.), in welche die Netzhautprojektion einbezogen wird,
sowie der mannigfachen praktischen Korrelation und Kontrolle ist.

Die intellektuellen Faktoren (Wiedererkennen des Gegenstandes,
Kenntnis seiner Eigenschaften auf Grund früherer Erfahrung) begünstigen die
Wahrnehmungskonstanz, wie das insbesondere Beins Daten über das Verhältnis der
Wahrnehmung der Größe der Gegenstände bezeugen [93]. Aber erstens darf man die
Größen- und Formkonstanz sowie die anderer Eigenschaften der Gegenstände nicht
nur von diesen intellektuellen Faktoren her ableiten (isoliert betrachtet, sind
sie nicht imstande, die Erscheinung der Konstanz als Ganzes zu erklären), und
zweitens bedingen die intellektuellen Faktoren – Vorstellungen, Kenntnisse über
die Eigenschaften des wahrgenommenen Gegenstandes, die in der Praxis, in der
Erfahrung entstanden sind – die Wahrnehmungskonstanz nicht in der Weise, dass
sie die ursprünglich sinnlichen Daten von außen her „transformieren“, sondern
bedingen sie im Prinzip genauso, wie das die Daten der anderen Rezeptoren tun,
indem sie durch die kortikalen Verbindungen in den einheitlichen Prozess der
Gegenstandswahrnehmung einbezogen werden.

Der Komplex der optischen und taktilen Qualitäten bildet das
Skelett der Gegenstandswahrnehmung. Insbesondere durch das Tasten werden, wie
bereits gesagt, die Haupteigenschaften des Gegenstandes als eines materiellen
Dinges erkannt. Durch das aktive Tasten der sich bewegenden Hand werden außerdem
die Ergebnisse des optischen Wahrnehmens anderer, insbesondere der räumlichen
Eigenschaften der Dinge überprüft und kontrolliert. Im Zusammenhang damit zeigt
die Untersuchung, dass die beim Betasten eines Gegenstandes gewonnenen Daten in
das Bild des Gegenstandes eingehen, indem sie vorher visualisiert
werden, einen optischen Ausdruck erhalten. Die bildhafte Wahrnehmung des
Menschen ist vorwiegend optischer Natur. Das optische Bild des Dinges sammelt,
synthetisiert und organisiert gleichsam um sich herum die Angaben der übrigen
Sinnesorgane. Die grundlegenden Angaben, die das optische Bild in sich
aufnimmt, sind die Daten des Tastsinns.

Die Daten aller übrigen Rezeptoren gruppieren sich um dieses
Zentrum, sie vereinigen die Eigenschaften des auf diese Weise umrissenen Dinges
zu seinem Erscheinungsbild. So orientieren sich beispielsweise die
Gehörsempfindungen nach den optischen Daten des Gegenstandes als der Quelle, der
die Töne entstammen.

Eine solche Organisation der Wahrnehmung bildet sich während
der Ontogenese in dem Maße, wie beim Kinde die entsprechenden
bedingtreflektorischen Verbindungen entstehen. Ungefähr im zweiten Lebensmonat
kann man bereits beobachten, dass sich die Augen der Schallquelle zuwenden. Ein
Ton beginnt optisches Suchen nach diesem Gegenstand hervorzurufen.

Die Daten aller Arten von Sensibilität gruppieren sich um jene
„Modalität“, in welcher der Gegenstand der Wahrnehmung am
ausgeprägtesten in Erscheinung tritt. Zahlreiche Tatsachen beweisen dies. So
zeigen Beobachtungen über die Lokalisierung einer Rede in einem mit
Lautsprechern ausgestatteten Saal, dass der Ton, der, solange der Hörer den
Sprecher nicht sah, im nächstliegenden Lautsprecher lokalisiert wurde, in dem
Moment auf den Sprecher bezogen wird, in dem dieser im Gesichtsfeld des Hörers
auftaucht [94]. Die Bedeutung dieser Tatsache besteht nicht darin, dass die
akustische Wahrnehmung der optischen untergeordnet ist, sondern dass sich jede
Wahrnehmung, auch die akustische, nach dem Gegenstand orientiert, der in der
Sensibilität dieser oder jener Art (Gesicht, Gehör, Tastsinn u. a.) am
ausgeprägtesten in Erscheinung tritt.

Das Wesen der Sache liegt darin, dass nicht die akustische
Empfindung, sondern der Ton als eine im akustischen Abbild
widergespiegelte physikalische Erscheinung lokalisiert wird. Darum wird
ein Ton abhängig vom optisch wahrnehmbaren Ort des Gegenstandes lokalisiert, der
ihn hervorbringt [95]. In ähnlicher Weise wird ein optisch wahrgenommener
Gegenstand dort lokalisiert, wo er für das aktive Tasten, für die auf ihn
gerichtete Tätigkeit, erscheint. Lokalisiert wie wahrgenommen werden eigentlich
nicht die optischen Abbilder, sondern die optisch wahrgenommenen Gegenstände,
die materiellen Dinge, genauso wie die Wahrnehmung selbst keine Wahrnehmung der
Abbilder (Wahrnehmung der Wahrnehmung), sondern der Gegenstände, der materiellen
Dinge ist.

Das gleiche kann auf dem Gebiet des Tastsinns und des
kinästhetischen Sinns beobachtet werden. Wenn wir die Hand bewegen, beteiligen
sich die Muskeln der Schultern und des Oberarms an der Bewegung, aber uns werden
nicht die Signale von den Muskelverschiebungen bewusst, sondern die Gegenstände,
welche die Bewegungen bedingen. Wenn wir mit einem Werkzeug arbeiten, das wir in
der Hand halten, dann spüren wir die Besonderheiten des Materials, das wir mit
dem Werkzeug berühren. So empfinden wir beim Schreiben den Widerstand, den die
Oberfläche des Tisches dem Bleistiftdruck entgegensetzt; der Chirurg empfindet
den Widerstand der Organe, die er mit dem Skalpell berührt. Ebenso werden wir
uns beim Gehen nicht der Impulse bewusst, die von den Muskelkontraktionen
ausgehen, sondern der Beschaffenheit der Oberfläche, auf der wir gehen.« [Teil
12] {...}

Anmerkungen

89 S. L. Rubinstein, Die Lehre I. P. Pawlows und die Probleme
der Psychologie. S. 160; E. N. Sokolow, Der wechselseitige Zusammenhang der
Analysatoren bei der Widerspiegelung der Außenwelt. S. 207. Sammelband: Die
Lehre I. P. Pawlows und die philosophischen Fragen der Psychologie. Verlag Volk
und Gesundheit, Berlin 1955.

90 A. A. Uchtomski, Abriss der Physiologie des Nervensystems.
Gesammelte Werke. Leningrad 1954, Bd. IV, S. 175 (russ.).

91 Über die Wahrnehmung der tatsächlichen Größe und Tiefe vgl.
vor allem I. P. Pawlow, Naturwissenschaft und Gehirn, Sämtliche Werke,
Akademie-Verlag, Berlin 1953, Bd. III/1. Vgl. auch E. N. Sokolow, Probleme der
Wahrnehmungskonstanz im Lichte der Lehre I. P. Pawlows. „Sowjetskajy pedagogika“
(Sowjetpädagogik), 1953, Nr. 4, S. 67–77 (russ.).

92 Einen solchen Standpunkt nahm Wygctski ein, der ihn
ontogenetisch zu erhärten versuchte. Obwohl von einigen Autoren ein geringes
Anwachsen der Wahrnehmungskonstanz im Alter zwischen zwei und vier Jahren
beobachtet wird, spricht eine ganze Reihe von Untersuchungen dafür (Frank,
Beyrl, Klimpfinger, Brunswik), dass im allgemeinen die Größen-, Form- und
Farbkonstanz bereits im Alter von zwei Jahren vorhanden ist. Nach den gleichen
Untersuchungen sinkt sie im Alter von 16 bis 18 Jahren. Vgl. S. Klimpfinger, Die
Entwicklung der Gestaltkonstanz vom Kind zum Erwachsenen. (In der Reihe: E.
Brunswik, Untersuchungen über Wahrnehmungsgegenstände) „Archiv für die gesamte
Psychologie“, Heft 88, S. 3-4.

93 Siehe E. S. Bein, Zum Problem der Größenkonstanz. In:
„Untersuchungen zur Psychologie der Wahrnehmung“, Moskau/Leningrad 1948, S.
167-199 (russ.).

94 Vgl. die Beschreibung einer von uns protokollarisch
festgehaltenen Beobachtung in den „Grundlagen der allgemeinen Psychologie“ (Volk
und Wissen Volkseigener Verlag, Berlin 1961, S. 282/283), die in Untersuchungen
von Kulagin, der den bedingt-reflektorischen Mechanismus dieser Erscheinung
untersuchte, experimentell überprüft wurde.

95 Vgl. J. A. Kulagin, Experimentelle Untersuchungen zur
Richtungswahrnehmung eines tönenden Gegenstandes. „Woprossy psychologii“ (Fragen
der Psychologie), 1956, Nr. 6 (russ.).

Quelle: Sergej L. Rubinstein: Sein und Bewusstsein.
Die Stellung des Psychischen im allgemeinen Zusammenhang der Erscheinungen in
der materiellen Welt.
Psychische Tätigkeit und objektive Realität. Das
Problem der Erkenntnis. Der Erkenntnisprozess. Die Wahrnehmung als
sinnliche Erkenntnis der äußeren Welt.
Akademie-Verlag, Berlin 1977.

05.09.2015, Reinhold Schramm (Bereitstellung)




--->>> #Wir . #vegetieren lieber im kollektiven Merkeln dahin, während das Böse triumphiert.

 
 

„Krieg dem Kriege“ – der Triumph
des Bösen in Deutschland

 
Von
 
[via
Nachrichtenspiegel.de]
 
http://www.nachrichtenspiegel.de/2015/09/11/krieg-dem-kriege-der-triumph-des-boesen-in-deutschland/
 

Ja – das Böse, was ist das eigentlich? In unseren Zeiten ist das keine Frage:
der Hass gegen Ausländer, dass ist das absolut Böse, gegen den sich das deutsche
Volk nun wie ein Mann erhebt, falls es sich nicht gerade gegen die Ausländer
selbst erhebt. Krieg ist in der Luft, wer auch nur leiseste Kritik an der
Asylpolitik erhebt – ja, überhaupt nur reflektiert darüber reden möchte – ist
sofort ein Nazi und damit zum Abschuss freigegeben. Die alten echten Nazis hätte
das sehr erfreut, sie hatten eine gewisse eingeschränkte Vorstellung von
politischer Debattenkultur, der heute auch die Ex-Grüne Jutta Ditfurth und ihre
„Aluhut für Ken“-Brigaden (eine kleine Facebook-Hassseite für amateurhafte
Hobbydenunzianten) frönen: für den Beweis der Schuldhaftigkeit reicht es, wenn
der private Volksgerichtshof „Aluhut für Ken“ Anklage erhebt, das Recht auf
Verteidigung des Angeklagten erlischt, wer vom Kommitee für Volksgesundheit und
richtiger Meinung angeklagt wird, darf umgehend diffarmiert, beleidigt,
entwürdigt und mit Steinen und Flaschen beworfen werden. Was haben die
Ditfurth-Nazis getan? Sie haben für Frieden demonstriert, angesichts rasant
anwachsender Kriegsgefahr in Europa. Es gibt – scheinbar – wichtigeres als den
Frieden. Linientreue zum Beispiel, die von den Ex- und Pseudolinken um Frau
Ditfurth mit äußerster verbaler Gewalt eingefordert wird – im Kampf gegen „das
Böse“.

Die alten Nazis würden sich überhaupt in unserer Zeit wieder recht zuhause
fühlen, leben wir doch nahezu wieder in Zeiten des Ermächtigungsgesetzes (siehe
BpB):

Am späten Nachmittag unterschrieb Reichspräsident Hindenburg die
„Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933, mit der
wesentliche Grundrechte der Verfassung wie Freiheit der Person, die
Unverletzbarkeit der Wohnung, das Post- und Telefongeheimnis, die Meinungs- und
Versammlungsfreiheit, das Vereinigungsrecht sowie die Gewährleistung des
Eigentums außer Kraft gesetzt wurden. Statt wie bisher mit lebenslangem
Zuchthaus konnten nun Hochverrat, Brandstiftung, Sprengstoffanschläge, Attentate
und selbst die Beschädigung von Eisenbahnanlagen mit dem Tod bestraft
werden.

Ja, die Bundeszentrale für politische Bildung – immer eine Reise wert.
Grundrechte wurden damals ausgehebelt – Grundrechte wie das Post- und
Telefongeheimnis. In einem der am besten ausspionierten Länder der Welt gibt es
dieses Geheimnis schon lange nicht mehr – und das Beste daran ist: sowohl die
deutschen Geheimdienste (siehe Spiegel)
als auch das Kanzleramt (siehe Spiegel)
verteidigen den Bruch des Post- und Telefongeheimnisses vehement: man sieht, es
geht auch ohne Ermächtigungsgesetz.

Freiheit der Person? Nur noch für jene Personen, die für das aktuell
herrschende System eine hinreichende Verwertbarkeit aufweisen? „Verwertbarkeit“?
Ja, diese faschistoide Begrifflichkeit kommt in Deutschland wieder zum Einsatz,
aktuell mit Bezug auf Asylbewerber, die Grüne Claudia Roth hatte ihn unlängst im
Fernsehen gebraucht (siehe Yahoo),
im aktuellen bürgerlichen Neofaschismus darf man solche Maßstäbe wieder an
Menschen anlegen. Wer nicht verwertbar genug ist oder sich nicht mit maximalem
persönlichen Einsatz um seine Verwertbarkeit kümmert, landet bei „Hartz IV“ und
verliert – ganz ohne Ermächtigungsgesetz – elementare Grundrechte wie die
Reisefreiheit, ohne dass sich die braven Merkeluntertanen groß drum kümmern – es
wird halt nicht nur im Kanzleramt gemerkelt.

Unverletzbarkeit der Wohnung? Schon bei Besuchen des von Nazis ins Leben
gerufenem und immer noch aktivem „Jugendamt“ nicht mehr gegeben – verliert man
die Arbeit, weil Firmen sich kurzzeitig „gesundschrumpfen“, ist es ganz vorbei:
außer mit Kontrollbesuchen des Ermittlungsdienstes kann man mit dem Verlust der
ganzen Wohnung rechnen (siehe rbb):

„Mit den Schlussfolgerungen aus einer Studie erhebt ein Team von
Soziologen der Berliner Humboldt-Universität schwere Schuldzuweisungen gegen die
Jobcenter. Die Wissenschaftler haben sich die Umstände von Zwangsräumungen
genauer angesehen und schließen aus ihren Erhebungen: Vor allem die Jobcenter
sind die Hauptverursacher für die zunehmenden Zwangsräumungen in
Berlin.“

Ja – massenhafte Zwangsräumungen in Deutschland – wie in den dreißiger
Jahren. Stört nur keinen … bzw. die meisten haben sich in dem System so
eingerichtet, dass sie von diesen Aktionen profitieren – wie auch von den
Massenenteignungen von Arbeitslosen, die keine „Gewährleistung des Eigenstums“
mehr erwarten dürfen. Wer hat sich damals nicht alles an jüdischem Eigentum
bereichert?

Ja – so schnell wird die Welt des Ermächtigungsgesetzes wieder Realität –
inklusive der Todesstrafe, die aktuell durch Totalsanktionen für Arbeitslose
wieder in den Bereich des Möglichen gerückt ist, ohne dass auch nur eins der
gleichgeschalteten großen Medien davon Kenntnis nimmt. Das Böse triumphiert
wieder – das Gute merkelt … oder „tut so als ob“, gibt den Bomben auf den Kosovo
einen ethisch-grünen Anstrich und verleiht dem Krieg gegen die Arbeitslosen das
Prädikat „biologisch wertvoll“: der Kern des heuchelnden Gutmenschentums.

Das war – mal anders. Und war natürlich in Deutschland verboten. „Krieg dem
Kriege“ heißt ein kleines Buch von Ernst Friedrich aus dem Jahre 1924, das auf
dem Titelbild das „Ebenbild Gottes mit Gasmaske“ zeigt und im Inneren dutzende
von Nahaufnahmen von verstümmelten Menschen auffährt, Aufnahmen, die heutzutage
verpönt sind und mit dem neutralen und sauberen Begriff „Kollateralschäden“
getarnt werden, Schäden, die allgemein als alternativlos anerkannt  und
allerhöchstens von veralteten Sozialromantikern beklagt werden. Ich möchte ein
wenig hieraus zitieren – aber keine Angst, ich halte mich an das kriegsfördernde
Tabu, keine Aufnahmen von natürlichen Folgeschäden von Kriegen zu
veröffentlichen – keine abgerissenen Gliedmaßen, keine verstümmelten Körper,
keine zerfetzten Gesichter … obwohl es schon erstaunlich ist, wie viel Gesicht
man verlieren kann, ohne zu sterben, ja, sogar ohne Unter- und Oberkiefer und
Nase kann man noch fortbestehen.

Ernst Friedrich wollte – nach den entsetzlichen Erfahrungen des ersten
Weltkrieges, die im zweiten Weltkrieg noch in jederlei Hinsicht übertroffen
wurden, dem Krieg an sich ein Ende setzen: das war der Sinn seiner
Bildersammlung. Hören wir ihm mal ein wenig zu, wie der sich die Beendigung
aller kriegerischen Zustände vorstellt:

„Macht Euch frei von bürgerlichem Vorurteil! Kämpft gegen den
Kapitalismus in Euch! Aus Eurem Denken und Eurem Tun spricht noch unendlich viel
von Spießer- und Soldatentum und fast in jedem steckt noch so ein eingedrillter
Unteroffizier, der herrschen und befehlen will, sei´s auch nur über eigene
Kameraden, und über Frau und Kind in der Familie!“ Und sag ich auch zu jenen
bürgerlichen Pazifisten, die nur mit Händestreicheln, mit Teegebäck und frommen
Augenaufschlag Kriege zu bekämpfen suchen: „Kämpft gegen den Kapitalismus – und
Ihr kämpft gegen jeden Krieg“. Das Schlachtfeld in Fabriken und Gruben, den
Heldentod in Siechenhäusern, das Massengrab in Mietskasernen, kurzum: den Krieg,
den scheinbar ewigen Krieg der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter! Seht Ihr das
alles nicht?!
(aus Ernst Friedrich, Krieg dem Kriege, Zweitausendeins, 3.
Auflage Juli 1980, Seite 11).

Der Krieg als Feind der Menschheit – was wäre das für ein edles Motiv, ihn
selbst als Feind zu erkennen anstatt ihn als Werkzeug zu verstehen, mit dem man
den „Bösen“ erlegen kann – und so selbst zum Werkzeug des Bösen wird wie der
Grüne Ludger Vollmer, der 2002 sinngemäß ein „Feuer-frei-auf-Terroristen“
forderte (siehe Süddeutsche)
– was ja seitdem auch geschieht. Damit die sich auch angemessen wehren können,
liefern wir mehr und mehr Waffen in die Welt, die unkontrolliert in alle Hände
gelangen. Da dies Arbeitsplätze fördert, haben wir keinerlei Bedenken mehr: wir
würden wohl auch Konzentrationslager mit Blick auf die dort vorhandenen
Arbeitsplätze vor der Schließung bewahren.

Kampf gegen den Kapitalismus – in Zeiten, in denen vielen Stimmen auch aus
konservativen Lagern das Ende dieser Wirtschaftsform beschreiben, eigentlich
keine große Herausforderung. Trotzdem bildet sich nirgendwo eine politische
Kraft, die den Kampf gegen diesen Moloch aufnimmt – obwohl er den ganzen
Planeten zu zerstören droht. Wir stehen sogar fassunglos vor einer deutschen
Regierung, die gnadenlos wie eine Besatzungsmacht in die Politik anderer Staaten
hineinregiert – wie z.B. in Griechenland, wo die Bundesregierung in einem von
Arbeitslosigkeit zerrüteten Land weitere Massenentlassungen fordert (siehe Spiegel).
Nun – es ist wohl nicht nur die brutale erfahrbare Übermacht des
zusammenbrechenden Systems Kapitalismus, das in Deutschland demnächst leicht
Hungersnöte hervorrufen kann – auch wir selbst sind es, weil wir den
Kapitalismus als Wertegeber schon längst in uns haben: WIR sind der Kapitalismus
selbst. WIR produzieren mit aller Gewalt sein verwertbares Menschenmaterial und
machen sogar vor unseren eigenen Kindern nicht halt (siehe Spiegel):

„Endlich Ferien, endlich Nichtstun? Mitnichten. Eine Umfrage unter Eltern
zeigt: In 55 Prozent aller Familien lernen die Kinder auch in den schulfreien
Wochen.“

Für Ferien gibt es gute Argumente, sie sind extrem nützlich für die
Persönlichkeitsentwicklung des jungen Menschen – 55 Prozent der Eltern arbeiten
aber gegen jede Vernunft, Menschenliebe und pädagogischer Forschung nur an der
Verbesserung der Verwertbarkeit der eigenen Kinder … ein unvorstellbarer Horror.
Kann es sein, dass die Kritik von Ernst Friedrich nach 90 Jahren immer noch
zutrifft? Nun – wie sollte man sich diese entsetzlichen Entwicklungen sonst
erklären, Entwicklungen, die dazu führen, dass die so genormte Ware „Kind“ mit
45 wegen „burn out“ absolut arbeitsunfähig ist und fortan nur noch im
Hartz-IV-Gettho dahinvegetieren kann.

Ist es so, dass in uns immer noch viel „Spießer- und Soldatentum“ steckt?
„Spießer“ kommt von Spießbürger, den ich lieber mit dem „Spießrutenlauf“
assoziiere, mit dem Spaß das Kleinbürgers, seine Mitmenschen so oft zu triezen,
wie es nur geht. Das wird vielen Kindern von klein auf beigebracht, das
Soldatentum ist wieder voll auf dem Vormarsch (siehe srf):

„Der Verlust des Mitgefühls entsteht, weil der Mensch von Anfang an
lernt: Kampf und Konkurrenz sind die Triebkräfte des Daseins. Kinder lernen
Feind-Denken. Andere Bewusstseinszustände werden als naiv eingestuft, als
unrealistisch, als schwach. Empathische, dem Menschen zugewandte Wahrnehmungen
werden unterdrückt und unser Bewusstsein wird auf abstrakte kognitive Ideen,
über das, was Realität ist, reduziert.“

An dieser Vernichtung der Empathie arbeiten mindestens 55 Prozent der
deutschen Elternschaft – wenn nicht sogar mehr. „Konkurrenz“ ist die Triebkraft
des Kapitalismus, er favorisiert einen Sozialdarwinismus, der durch die Agenda
2010 einen neuen Schub in Deutschland bekommen hat, er will eine Gesellschaft,
in der nur die Starken überleben … wobei heutzutage die „Starken“ die Reichen
sind, die die größte Befehlsgewalt über die Maschinen haben, die die notwendigen
Arbeiten zunehmend ohne Menschen erledigen können.

Der Krieg gegen den Kapitalismus fängt schon bei der Erziehung unserer Kinder
an – und hier versagen wir als Eltern völlig, sind nur noch willfährige Büttel
eines sterbenden Systems, die gezielt möglichst effizient verwertbare Ware
prodzieren wollen … das es mal eine Wissenschaft wie „Pädagogik“ gab, scheint
lang vergessen zu sein, wie auch die Tatsache, dass es mal eine politische
Einstellung namens „Pazifismus“ gab – eine Einstellung, die gerade im letzten
Jahrhundert zusehends mehr an Notwendigkeit gewonnen hat. Warum? Nun – der Krieg
vernichtet zunehmend mehr Zivilisten als Soldaten, eine perverse Entwicklung,
die Jahrtausendelang nicht vorkam und eine Erfindung der Moderne ist.

Wir führen in Deutschland Krieg gegen die eigenen Kinder – eine logische
Konsequenz in einem Land, das das Schwache verachtet. Werden die Eltern
arbeitslos, bekommt das Kind 2,5o Euro am Tag für die Ernährung – viel zu wenig,
um gesund ernährt zu werden …. und viel weniger als das Vierte Reich und
Merkelland für die Ernährung seiner Polizeihunde ausgibt. Kinder sind schwach,
jahrelang – und deshalb unerwünscht. Kein Wunder, dass wir das Land mit der
weltweit niedrigsten Geburtenrate sind (siehe Spiegel),
andererseits sind wir aber Meister im Krieg gegen unsere Umwelt, alles mit dem
Segen der Partei der Grünen, die uns als kollektives gutes Gewissen gilt und
alle Sauereien gesellschaftsfähig macht.  Immerhin trennen wir den Müll
ordentlich – keiner jedoch fragt sich, ob unsere Maschinen uns eigentlich
wirklich mit so viel Müll versorgen müssen, noch hindert es uns daran. die
größten Drecksäcke des Kontinents zu sein: Meister in der Müllproduktion,
uneingeschränkte Könige des Abfalls in Europa (siehe Spiegel),
wobei Europa insgesamt eine Vorreiterrolle in der Disziplin „Verseuchung der
Landschaft mit Elektromüll“ hat (siehe Spiegel).

Neunzig Jahre sind seit dem Buch von Ernst Friedrich ins Land gegangen – und
schon wieder geifert die Jounaille nach einem neuen Krieg – so dreist, das
selbst der zufriedene Deutsche sich letztes Jahr erregte. Nach dem Arbeitslosen
als Ziel für die Spieße der Spießbürger wurde nun der Putin herbeibeschworen als
böses Ungeheuer, das es zu vernichten gilt – mit Sondereinsatzkommandos und
deutscher Speerspitze, so als hätten wir nie etwas gelernt aus der
Geschichte.

Das gilt natürlich alles nicht für Sie, oder?

Deshalb haben Sie auch kein Problem damit, ihr Kind dem überzogenen
Verwertungsdruck des Kapitalismus zu entziehen und ihm eine ruhige, gemütliche
Kindheit auf der Hauptschule zu gönnen, oder?

Oder … höre ich da jetzt etwa Klagen über den immens hohen Ausländeranteil in
den Hauptschulen … und das in einem Land, das gerade offiziell an allen Ecken
seine unglaubliche Ausländerfreundlichkeit vortanzt – als gäbe es einen Befehl
dazu?

Ich kann Ihnen noch etwas viel Unheimlicheres erzählen – über den Nazi in
Ihnen. Jedesmal wenn Sie einem Ihrer Mitmenschen sagen „Du musst“ (z.B. bei Fragen der
Gesundheit, des korrekten Sozialverhaltens, der Arbeitsdisziplin, der
Wohnungseinrichtung, der Ernährungsgewohnheiten, der Altersvorsorge oder der
Lebensgestaltung – um nur ein paar Felder zu nennen,  in denen man
ungefragt eine Reihe von Rat“schlägen“ bekommen kann, die an Spießrutenlauf
erinnern) tritt der „eingedrillte Unteroffizier“ auf den Plan, der „herrschen
und befehlen will“.

Krieg gegen den Krieg?

Völlig illusorisch im Deutschland des Ermächtigungsgesetzes bzw. seiner
modernen Gestalt.

Wir … vegetieren lieber im kollektiven Merkeln dahin, während das Böse
triumphiert.




26
Aug
2015

"die Zuversicht, niemals zum Prekariat zu gehören, verleite d. Mittelschicht, sich mental mit d. Unternehmern zu verbünden."

 
 

 
 
 
 

[...] die Zuversicht,
niemals zum Prekariat zu gehören, verleite die Mittelschicht, sich mental mit
den Unternehmern zu verbünden.
 
 
[Ulrike Herrmann - Hurra, wir dürfen zahlen - DER SELBSTBETRUG DER
MITTELSCHICHT (2010)]
 


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